Richter beschreibt die Metropole Neapel als einen Ort der Verschmelzung von Kulturen seit Anbeginn, vorzüglich aber auch aus der Sicht ausländischer Reisender, für die dieses Zentrum des europäischen Tourismus zur bedrohlichen und zugleich faszinierenden Erfahrung eines anderen, dem klassischen Bild widersprechenden Italiens wurde.Und umgekehrt schildert Richter den Einfluss der »Fremden« auf diese Stadt, von den griechischen Einwanderern über die spanischen Höflinge und die Salons der europäischen Gesandten bis zu den englischen Konstrukteuren der Vesuv-Eisenbahn und zu den schweizer oder deutschen Industriellen des ausgehenden 19. Jahrhunderts samt ihres Vereins- und Fürsorgewesens, das sich zum Teil bis heute erhalten hat.Das abwechslungsreiche Bild einer europäischen Metropole, nicht nur den bekannten Quellen nachgeschrieben, sondern oft auch frisch aus dem Staub unbekannter Polizeiakten und Gästebücher gezogen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Thomas Steinfeld hat viel übrig für dieses Porträt einer Stadt, "die zu groß ist, um zu verschwinden, und zu elend, um nicht immer wieder ein hoffnungsloses Projekt zu werden." Von Neapel ist die Rede, wie es in Dieter Richters "Biografie einer Stadt" erscheint. Es gehe Richter dabei weniger um eine Beschreibung des Stadtbildes, als um historische Vorstellungen und Mythen von der Stadt, erklärt der Rezensent, der beeindruckt ist von der "bemerkenswert gelassenen, schlanken, sicheren Sprache" des Autoren. Sie zeuge von großer Vertrautheit mit Neapel, seinen gegenwärtigen und verblichenen Bewohnern, seinen Eroberern und Herrschern, den neapolitanischen Träumen des restlichen Abendlandes und der Melancholie, die seinem Niedergang und Verfall innewohnt. Steinfeld sagt, Richter schreibe über dieses 'von Teufeln bewohnte Paradies' wie über eine "liebe und nun schon sehr alte Verwandte, die ein erfülltes Leben gehabt hat und über deren nahes Dahinscheiden keiner traurig sein müsste". Doch es scheint, als habe sich der Rezensent anstecken lassen von dem in Steinfelds Buch vermittelten Zutrauen in "irgendein praktisches Wunder", das die Stadt retten werde.
© Perlentaucher Medien GmbH
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