Erstmalig seit der Erstauflage von 1789-1792 liegen die »Neuen Volksmärchen der Deutschen« der Märchenautorin Benedikte Naubert nun wieder in vollständigem Nachdruck vor.Als Achim von Arnim 1808 in einer Rezension schrieb »(...) ich bin unerschöpflich in dem Lobe dieses Buches, das mir sehr traurige Nächte erhellte«, wußte kaum jemand, daß die von ihm hochgeschätzte Märchensammlung von einer Schriftstellerin verfaßt wurde, die anonym außerdem mehrere Dutzend historische Romane und eine Sammlung ägyptischer Märchen veröffentlicht hatte. Das hat sich bis heute wenig geändert: Benedikte Naubert (1756-1819) ist als Märchenautorin von der Literaturgeschichte vergessen worden, und damit wurde auch eine Sammlung nicht tradiert, die als erste die Herdersche Aufforderung zur Sammlung von deutschsprachigen Volkserzählungen ernst genommen hatte. Fingiert als Fortsetzung von J. K. A. Musäus' bekannten und vielfach nachgedruckten »Volksmärchen der Deutschen«, die sich noch stark an der französischen Märchentradition und an Wielands kritischer Märchenpoetik orientieren, enthalten die »Neuen Volksmärchen der Deutschen« erstmalig in großem Umfang Nacherzählungen bekannter Volksstoffe (u. a. Ottilien-, Genoveva- und St.-Julians-Legende, Rübezahlsagen, Rattenfänger- und Nibelungensage, Märchen vom Marienkind, Sage von der weißen Frau). Naubert kombiniert diese Stoffe in überaus eigenwilliger Weise und präsentiert sie in der dialogischen Erzählweise des zeitgenössischen Familienromans. Die dadurch geschaffene Verbindung von familiärem Alltag und wunderbaren Ereignissen ist ein wiederzuentdeckender Schritt auf dem gattungsgeschichtlichen Weg sowohl zu den Grimmschen »Kinder- und Hausmärchen« als auch zum romantischen Kunstmärchen. Erstmalig seit der Erstausgabe von 1789-1792 liegen die »Neuen Volksmärchen der Deutschen« nun wieder in vollständigem Nachdruck vor. Der Text wurde unter Beibehaltung des Laut- und Wortbestandes orthographisch behutsam modernisiert und durch einenStellen- und Quellenkommentar erschlossen. Das Nachwort macht mit Leben und Werk der Autorin bekannt und dokumentiert die literaturgeschichtliche Bedeutung sowie die Druck- und Rezeptionsgeschichte der Sammlung.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Nicht nur unter den "sich jüngst häufenden Nachdrucken vorgrimmscher Märchen" schreibt Heinz Rölleke in einer überschwänglichen Rezension, sei diese Ausgabe die weitaus beste. Beste Noten bekommen die Märchen der Benedikte Nauber auch im Vergleich mit zeitgenössischen Sammlungen. Aus Röllekes Rezension erfährt man viel über die literaturgeschichtliche Wasserscheide, die die Edition von Grimms Märchen und deren Eroberung des Buchmarktes lange für frühere Sammlungen bedeutete. Für sie war es seitdem kaum noch möglich, diesen Graben zu überwinden. Dies habe lange gedauert, aber sei nun vorbei, freut sich der Rezensent. Auch liest man über Bendikte Nauber, dass sie die gesammelten Märchen höchst kunstvoll erzählt und dem Rezensenten allerhöchstes Lesevergnügen bereitet hat. Den drei Herausgeberinnen der Volksmärchen bescheinigt der Rezensent Kompetenz: Sie hätten den Text philologisch "ohne Fehl und Tadel" erstellt. Auch die "ausgezeichnete Stoff- und Quellengeschichte zu den einzelnen Geschichten" lasse keine Wünsche offen. Gelobt wird auch die schöne Aufmachung der Bände.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH







