Mit diesem Buch setzt Hartmut von Hentig die beiden "Mein Leben - bedacht und bejaht" überschriebenen Bände seiner Erinnerungen fort, deren Mitteilungen mit dem Jahr 2005 enden. Er wehrt sich schon mit dem Titel "Noch immer Mein Leben" gegen die Erwartung, es handele sich um eine Stellungnahme zu den gegen ihn im Zusammenhang mit dem Odenwaldschulskandal erhobenen Vorwürfe. Von diesem und diesen ist natürlich auch - und ausführlich - die Rede, aber als von dem Ereignis, das in den zehn vom Buch umfassten Jahren sowohl die weitestreichenden Folgen für ihn hatte als auch das gründlichste Nachdenken von ihm forderte. Die nach Themen geordneten Kapitel geben Leserinnen eine Vorstellung von der Person, auf die die Anschuldigungen treffen - gealtert zwar, aber noch intensiv wahrnehmend und vielseitig am ihm umgebenden Leben beteiligt. Indem man ihn als Aufklärer, unbeirrten Sokratiker, strengen Philologen, unruhigen Bürger und in Freundschaften beheimateten Zeitgenossen erlebt, werden einem der Ernst und die Gewissenhaftigkeit mit der Hentig die Behauptungen seiner Kritiker prüft verständlich. Aktuelles zum Buch unter www.noch-immer-mein-leben.de
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Volker Breidecker wird übel beim Lesen von Hartmut von Hentigs Erinnerungsbuch, in dem dieser vor allem die Verwicklungen seines Lebensgefährten Gerold Becker in den Missbrauchsskandal an der Odenwaldschule behandelt. Hoffnungsvoll, Hentig möge endlich den Opfern ihr Leid zugestehen und Beckers Rolle kritisch sehen, beginnt Breidecker die Lektüre, stößt auch auf Ansätze von Erkenntnis bei Hentig, wenn der um eine Sprache ringt für den Missbrauch, wird dann aber schon bald wieder abgestoßen von Hentigs Ignoranz und Unaufgeklärtheit, die das Leid der Opfer nur vergrößern kann, wie der Rezensent fassungslos feststellt. Einsicht Fehlanzeige, stattdessen Unverschämtheit, Selbstüberhöhung, Infamie, meint Breidecker.
© Perlentaucher Medien GmbH
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