Thomas von Aquin reagierte im 13. Jahrhundert als erster europäischer Theologe auf den Occasionalismus, der sich im arabisch-islamischen Denken vom 8. bis zum 12. Jahrhundert entwickelte, und begann damit die bis in das 17. Jahrhundert fortdauernde Auseinandersetzung mit diesem Thema. Die Autoren stellen in chronologischer Reihenfolge die gesamte arabisch-islamische und europäische Diskussion vor.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Friedrich Niewöhner nimmt sich eine Studie über den Occasionalismus vor, der zu Unrecht, wie die Autoren "zwingend" nachweisen würden, als eine Spielart des Cartesianismus gelte, sondern in Wirklichkeit einer islamischen Denkrichtung des 9. Jahrhunderts zuzuschreiben sei. Niewöhner erklärt, was mit Occasionalismus gemeint ist: den Cartesianern ging es um das von ihnen negierte Kausalverhältnis von Körper und Geist, sie machten Gott als alleinige Ursache jener Interaktion verantwortlich. Den islamischen Denkern wie al-Dschub oder al-Ghazl sei es ganz allgemein um Kausalität gegangen: es war "die theologische Antwort auf die philosophische Frage, ob das, was wir beobachten, wirklich in der Natur der Dinge liegt". Für die islamischen Denker war es zu ihrer Zeit keine Frage, dass die Natur der Dinge nicht aus sich heraus Wirkungen zeitige. Nach Niewöhner liefert das Autorenteam hervorragende Analysen der islamischen Texte und ihrer Tradition und zeichnet außerdem ihre Wirkung auf die Scholastiker und damit auf die abendländische Philosophie nach. Ausgerechnet dem islamischen Occasionalismus, so laute eine ihre provozierenden Thesen, verdanke die moderne Wissenschaft den Umstand, dass man sich verstärkt mit den Möglichkeiten der Beobachtung von Ursachen und Wirkungen statt mit dem inneren Zusammenhang der Dinge beschäftigte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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