Du kannst ihr alles nehmen, aber nicht den Instinkt, zu wissen was sie ist.
„Odins Ruf – Verblasste Erinnerung“ von Juliana Alt, erschienen am 17. Februar diesen Jahres im Dunkelstern-Verlag, besticht mit einer großzügigen Anzahl an Illustrationen, inspiriert durch die nordische Mythologie und
einer keineswegs vorhersehbaren Erzählung darüber, was geschehen kann, wenn man vergisst, was – nicht…mehrDu kannst ihr alles nehmen, aber nicht den Instinkt, zu wissen was sie ist.
„Odins Ruf – Verblasste Erinnerung“ von Juliana Alt, erschienen am 17. Februar diesen Jahres im Dunkelstern-Verlag, besticht mit einer großzügigen Anzahl an Illustrationen, inspiriert durch die nordische Mythologie und einer keineswegs vorhersehbaren Erzählung darüber, was geschehen kann, wenn man vergisst, was – nicht wer - man schon immer gewesen ist.
Das Buch ist liebevoll gestaltet und weist bei jedem neuen Beginn eines Kapitels eine schöne Rabendarstellung und eine entsprechende Feder in den Seitenecken auf. Außerdem befinden sich im unteren Teil durchgehend schwarze Polarsterne, die das Gesamtbild noch zusätzlich aufwerten. Vorne im Buch finden wir einen Hinweis auf eine Contentwarnung, die sich auf den letzten Seiten befindet – so kann jeder für sich entscheiden, ob er oder sie im Vorhinein einen Einblick erhalten oder lieber blind in die Geschichte einsteigen möchte. Darüber hinaus wurde auch exklusiv für das Buch eine Playlist erstellt, was für zusätzliche Immersion zu erlauben. Auf 243 Seiten erzählt die Autorin die Geschichte von Hester, lässt aber ab und an auch die Perspektive einiger Nebencharaktere zu. Die Kapitel sind mit zwischen einer und 29 Seiten unterschiedlich lang, jedoch in der Regel eher kurz.
Hester Lind erfährt auf ungewöhnlichem Wege vom Tod ihres Bruders, zu dem der Kontakt allerdings schon vor Jahren abgebrochen ist. Dennoch macht sie sich auf den Weg in die Stadt, in der er zuletzt gelebt hat, um sich ihm nahe zu fühlen und zu trauern. Sie trifft auf Skadi, seine Freundin, die felsenfest davon überzeugt ist, dass Malviks Tod kein Unfall gewesen sein kann. Hester sieht sich das Zimmer an, das er gemietet hatte und wird vom sympathischen Eigentümer Erik gleich eingeladen, für die Dauer ihres Aufenthaltes dort zu bleiben. Erleichtert nimmt sie das Angebot an und beginnt mit der Recherche. Allerdings dauert es nicht lange, bis die ersten sonderbaren Beweise auftauchen und unsere Protagonistin realisiert, dass etwas mit ihrem Gedächtnis nicht stimmt… Wir befinden uns im modernen Schweden, aber viele Menschen glauben noch immer an die Sagen der nordischen Mythologie und verehren dessen Götter. Hester ist skeptisch – für sie sind das alles bloß Geschichten, auch wenn sie eventuell ein Körnchen Wahrheit enthalten. Bald schon sieht sich Hester allerdings mit verschiedenen mystischen Wesen konfrontiert und muss einsehen, dass die Geschichten vielleicht nicht ganz so erfunden sind, wie sie gedacht hatte. Gleichzeitig kommt sie auch Erik immer näher, obwohl sie den Eindruck nicht abschütteln kann, ihn schon länger zu kennen.
Die Beziehung zwischen Hester und Erik entwickelt sich in einem guten Tempo und zwischen den beiden sprühen reichlich Funken. Es gibt keine typische „Closed Door“-Situation, allerdings auch keine explizite Beschreibung, weshalb ich den Spice-Level mit einer bis 1,5 Chilischoten bewerten würde.
Der eigentliche Plot entwickelt sich dagegen etwas langsam. Erst gegen Ende beginnen die Puzzleteile, sich zusammenzusetzen und die Rätsel klären sich ab einem bestimmten Buch sehr schnell auf. Trotzdem fehlt es „Odins Ruf“ keineswegs an Spannung und an unvorhersehbaren Wendungen, die der Geschichte ihre düstere Atmosphäre verleihen. Schließlich finden sich auch einige dramatische Elemente, die den Ausklang auf epische Art und Weise abrunden.
Den Charakteren fehlt es dagegen etwas an Tiefe. Trotz der langen Suche, auf die wir Hester begleiten, gelingt es nicht wirklich, sich in sie hineinzuversetzen, obwohl ihr Verhalten logisch und ihre Gefühle nachvollziehbar sind. Die Nebencharaktere konnten leider auch nicht besonders überzeugen. Beim Lesen kamen keine starken Empfindungen auf, stattdessen folgt man einfach dem Lauf des Buches, ohne aber wirklich daran teilzuhaben. Da die Geschichte sich aber mit der Frage nach Malviks Trod beschäftigt, hätten zusätzliche Slice of Life Momente den Plot nur noch zusätzlich in die Länge gezogen.
Es handelt sich um einen in sich abgeschlossenen Einzelband. Die Fragen, die im Laufe der Geschichte aufgeworfen wurden, werden beantwortet, sodass keine Fortsetzung zu erwarten ist. Auch der Verlag hat in diese Richtungen keine Andeutungen gemacht.
Alles in allem ist „Odins Ruf – Verblasste Erinnerung“ ein gelungenes Abenteuer, für allem für Kenner der nordischen Mythologie, die mit den erwähnten Sagen und mystischen Kreaturen bereits vertraut sind. Diese werden aber allesamt vorgestellt, sodass Vorwissen in diesem Bereich nicht nötig ist, um der Geschichte folgen zu können. Auch wenn die Charaktere nicht vollständig überzeugen konnten, steht hier auch nicht die Beziehung zwischen den Figuren im Fokus, sondern die nordische Mythologie als sagenumwobene Inspirationsquelle. Somit empfehle ich das Buch für alle, die Lust auf ein etwas anderes Fantasyabenteuer haben und in die mysteriöse Welt der nordischen Mythologie eintauchen möchten.