The air we breathe is twenty-one percent oxygen, an amount higher than on any other known world. While we may take our air for granted, Earth was not always an oxygenated planet. How did it become this way? Donald Canfield--one of the world's leading authorities on geochemistry, earth history, and the early oceans--covers this vast history, emphasi
Später Durchbruch mit großen Folgen für die alte Schwefelwelt: Donald Canfield schreibt die lange Geschichte des Sauerstoffs auf der Erde
Oxygen heißt Sauerstoff. Das aus dem Griechischen stammende Oxys bedeutet "sauer"; Oxygenium, so die ursprüngliche Version, meint also "das, was sauer macht". Das deutsche Wort Sauerstoff gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert. Vorher war es ebenso unbekannt wie der Stoff selbst, den es bezeichnet. 1779 wurde Sauerstoff von Antoine Lavoisier entdeckt, benannt und die Natur der Verbrennung erkannt. Tatsächlich verbrennt fast alles, was mit Sauerstoff in Berührung kommt. Er "oxidiert", wie man es inzwischen chemisch auszudrücken pflegt. Verbrennung trifft dennoch den Kern der Bedeutung. Bei der geregelten inneren Verbrennung kommt die Lebensenergie zustande. Grund genug, über den Sauerstoff nachzudenken. Donald Canfield hat seiner Geschichte auf der Erde nun ein Buch gewidmet.
Wir nehmen Sauerstoff als gegeben hin und sorgen uns um das Kohlen(stoff)dioxid. Dabei sind wir in nahezu allem, was wir tun und leisten, vom Sauerstoff abhängig. Die knapp 21 Prozent, die er in der Luft einnimmt, machen jedoch nur einen geringen Teil des gesamten vorhandenen Sauerstoffs aus. Verflüssigt würden sie die Erdoberfläche nur wenige Zentimeter hoch bedecken. Sauerstoff ist aber nicht einfach da. Über zwei Milliarden Jahre lang, mehr als die Hälfte der Existenzzeit der Erde, gab es keinen freien Sauerstoff. Er steckte gebunden in Kohlendioxid und in anderen Verbindungen.
Als besondere Bakterien, die "Blau(grün)algen" (Cyanobakterien), anfingen, ihn freizusetzen, stellte er eine tödliche Bedrohung für das übrige damalige Leben dar: Es war nicht eingerichtet auf das Vorhandensein eines chemisch so reaktiven ("aggressiven") Stoffs, der die Feinstrukturen der Lebewesen verbrennt, die sich unter sauerstofffreien Bedingungen entwickelt hatten. Mehr noch: Als Sauerstoff frei wurde, "verrostete" die Erde: Eisen oxidierte, wurde zu Rost, später zu verrostetem Gestein. Die Eisenoxide setzten sich in Schichten am Meeresboden ab und wurden nach Millionen von Jahren Gestein und Gebirge. Die Cyanobakterien arbeiteten weiter. Schließlich lösten sie das "Große Ereignis" aus, das größte in der Geschichte der Erde, nämlich die Anhäufung von Sauerstoff in Meer und Atmosphäre. Sein Gehalt in der Luft wurde so groß, dass Insekten zu Monstergröße heranwuchsen; Libellen erreichten Flügelspannweiten über siebzig Zentimeter.
Sauerstoff gab der Evolution so entscheidende Impulse, dass wir ihn zu Recht "Feuer des Lebens" nennen sollten. Ihm sind Stoffwechselwege zu verdanken, die komplexe Organismen und bewegliches Leben erst ermöglichen: Lebensformen, die Energie "verbrauchen" ähnlich wie unsere Verbrennungsmotoren, dies jedoch unvergleichlich feiner abgestuft tun.
Es dauerte lange, sehr lange, bis es "so weit war". Mehr als die Hälfte der Existenzzeit der Erde tat sich fast nichts. Sauerstoff kam nur in winzigen, kaum nachweisbaren, jedenfalls nicht nutzbaren Mengen vor. Bakterien, die sich gebildet hatten, nutzten andere, weniger ergiebige Wege zur Gewinnung von Energie. Archaeen oder Archaebakterien werden sie genannt. Es gibt sie immer noch. Das wissen wir seit einigen Jahrzehnten. Manche leben sogar im Gestein der Erdkruste. Die Cyanobakterien, die Sauerstoff als Abfall ihres Stoffwechsels freisetzen, waren am effizientesten. Doch auch ihre Tätigkeit reichte viele Millionen Jahre lang nicht aus, die Sauerstoffmengen über den Promillebereich hinauszuheben. Erst vor gut 500 Millionen Jahren, im letzten Achtel der Entwicklung unseres Planeten, setzte der Anstieg ein. Der Sauerstoffgehalt der Luft nahm rasch auf 10, 20 und schließlich bis an die 30 Prozent zu. Das Leben explodierte nun förmlich. Die Besiedlung des Landes wurde möglich. Die Pflanzen gediehen so üppig, dass die Zersetzer nicht mehr nachkamen. Riesige Mengen organischer Reststoffe häuften sich an, vermoderten und hinterließen Kohle und Erdöl. Den Ungleichgewichten jener Zeit verdanken wir die fossilen Energieträger.
So weit das Grundthema von Canfields Buch. Es lässt uns teilhaben an Forschungen, die bislang wenig öffentliches Interesse erweckten, obgleich sie so grundlegende Fragen behandeln: Erklärt die biologische Evolution allein die Vielfalt des Lebens? Warum gibt es überhaupt so viel Leben auf der Erde? Ist ähnliches Leben auch auf anderen, nicht zu unserem Sonnensystem gehörigen Planeten möglich oder zu erwarten? Canfield nimmt uns über die Einflechtung seines persönlichen Werdegangs mit hinein in diese Forschungen über die Geschichte der Erde. Überzeugend begründet er, dass ohne die Bewegung der Kontinente, die Plattentektonik, die Entstehung einer Atmosphäre mit Sauerstoff nicht möglich gewesen wäre. Er erklärt die Vorgänge in Lebewesen, die für ihre Energiegewinnung Schwefelverbindungen benutzen, denn lange Zeit war die Welt der Lebewesen tatsächlich eine "Schwefelwelt". Und auch eine solche von Eisenbakterien. Gegenwärtig noch existierende Eisenbakterien zeugen von jener fernen Zeit. Ihrer Tätigkeit sind die großen Lager an Eisenerzen zu verdanken. Wir erfahren, dass die Pflanzen an Land und die Algen im Meer das gegenwärtig in der Atmosphäre vorhandene Kohlendioxid in nur neun Jahren komplett aufgebraucht haben würden, käme kein neues Kohlendioxid durch Atmung und Zersetzungsvorgänge mehr nach. Die Menge Sauerstoff in der Luft erzeugen die grünen Pflanzen in nur 4200 Jahren. In so kurzer Zeit würde dieser aber auch wieder verschwinden, gäbe es die Pflanzen nicht mehr. Recycling ist notwendig für die Erhaltung einer Atmosphäre, die das Leben begünstigt.
"Oxygen" ist ein exzellentes Buch. Es setzt allerdings Kenntnisse in Physik und Chemie voraus, wie man sie im Gymnasium mitbekommen haben sollte. Dann ist es ein Genuss.
JOSEF H. REICHHOLF
Donald E. Canfield: "Oxygen". A Four Billion Year History.
Princeton University Press, Princeton 2014. 256 S., geb., 22,95 [Euro].
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