Revolution machen kann (fast) jeder. Eine neue Gesellschaftsordnung aufbauen: das schaffen nur ein paar Nerds. Und Sibylle Berg. Nach einer gelungenen Revolution, die das Finanz- und Gesellschaftssystem sanft beseitigt hat, wird sie endlich errichtet: die schöne neue Welt nach dem Kapitalismus.
In dieser Welt ist alles verschwunden, woran die Menschen zu glauben gelernt hatten, in der jeder erstaunt bemerkt - dass es möglich ist, ohne Angst zu existieren und ohne sein Leben an einen Arbeitgeber zu verkaufen. Vom Wohnen bis zur Landwirtschaft, von der Art Urlaub zu machen bis zu der Frage: Wohin mit der Bürokratie? erfindet sich Europa neu. Aber: Was interessiert Don Europa? Sie ist in Italien, dem besten Ort, um auf Ruinen etwas Neues zu errichten.
In dieser Welt ist alles verschwunden, woran die Menschen zu glauben gelernt hatten, in der jeder erstaunt bemerkt - dass es möglich ist, ohne Angst zu existieren und ohne sein Leben an einen Arbeitgeber zu verkaufen. Vom Wohnen bis zur Landwirtschaft, von der Art Urlaub zu machen bis zu der Frage: Wohin mit der Bürokratie? erfindet sich Europa neu. Aber: Was interessiert Don Europa? Sie ist in Italien, dem besten Ort, um auf Ruinen etwas Neues zu errichten.
Claudius Seidl liest den letzten Teil von Sibylle Bergs Roman-Trilogie mit dem gleichen Misstrauen gegenüber der darin geschilderten Utopie einer Welt nach dem Kapitalismus, wie es der Text selbst mitliefert. Dass ein herrschaftsfreies, ökologisch korrektes Leben zwar fein, aber ziemlich lanweilig sein könnte, ahnt Seidl schon deshalb, weil Berg ihrer Heldin, die den Stand der Dinge dokumentiert, diese Ahnung mit auf den Weg gibt und sie auch in einer Sprache mitschwingen lässt, die schließlich müde und erschöpft wirkt, wie Seidl feststellt. Die Idylle im Buch scheint zwar menschenfreundlich, ist aber nicht weit entfernt von "totalitärer Zwangsbeglückung", findet der Rezensent. Die anderen Teile der Trilogie muss der Leser übrigens nicht unbedingt kennen, erklärt Seidl, der Roman informiert in Rückblenden über das Nötige.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensentin Judith von Sternburg ist erstaunt und verwirrt über die glücklichen Umstände, die Sibylle Berg in dem letzten und schmalsten Band ihrer Dystopie-Trilogie beschreibt. Das Überraschende ist, dass sich die Dystopie in eine Utopie verwandelt hat. Nach der erfolgreichen Abschaltung des Großteils aller Technik, verschreibt sich Bergs im nun idyllischen Italien lebende Erzählerin Donatella der Aufzeichnung der neu gefundenen Freiheiten zwecks der Anfertigung einer neuen Verfassung. Bergs in wahllose Paragraphen eingekleideter Erzählfluss besitzt zwar noch ein anarchisches Moment, doch widmet sich laut von Sternburg hauptsächlich dem Erfassen einer stillen Grundzufriedenheit. Viele der neuen politischen Ansätze sind noch in Arbeit, was die seit 2024 als Mitglied von "Die PARTEI" selbst politisch aktive Autorin in höchst theoretischen Absätzen abarbeitet. Zwischen sich langsam ausbreitender Freizeit und dem Formulieren von Zukunftsplänen entsteht jedoch keine wirkliche Handlung, moniert die Kritikerin. Zufriedenheit als literarisches Problem interessiert von Sternburg zwar theoretisch, aber nach dem Ausklingen des anfänglichen Staunens gelingt es dem Roman letztlich nicht, dieses Problem aufzulösen oder auf interessante Art zu bearbeiten.
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