Die Geschichte der Philologien kann nicht von der Geschichte der Literaturen getrennt werden: Dichtung bezieht sich immer auf Traditionen. Diese existieren aufgrund ihrer Konstitution, ihrer Bewahrung, ihrer Kritik, ihrer Interpretation - aufgrund der klassischen Tätigkeiten von Philologie bzw. Literaturwissenschaft. Der poeta philologus ist ein aufschlussreicher Sonderfall für diesen Befund, der aber auch darüber hinaus Geltung beanspruchen kann. Der Band widmet sich der Lage des Dichterphilologen im 19. Jahrhundert. Seine Situation ist ambivalent. Innerhalb von Kulturen und Gesellschaften,…mehr
Die Geschichte der Philologien kann nicht von der Geschichte der Literaturen getrennt werden: Dichtung bezieht sich immer auf Traditionen. Diese existieren aufgrund ihrer Konstitution, ihrer Bewahrung, ihrer Kritik, ihrer Interpretation - aufgrund der klassischen Tätigkeiten von Philologie bzw. Literaturwissenschaft. Der poeta philologus ist ein aufschlussreicher Sonderfall für diesen Befund, der aber auch darüber hinaus Geltung beanspruchen kann. Der Band widmet sich der Lage des Dichterphilologen im 19. Jahrhundert. Seine Situation ist ambivalent. Innerhalb von Kulturen und Gesellschaften, die ihre ästhetischen, didaktischen und politischen Ambitionen durch einen Rückgang auf die Geschichte legitimieren, gewinnt der poeta philologus eine herausragende Bedeutung: Er verfügt als Philologe über das Vergangene, um es als Dichter wirkungsmächtig in die Öffentlichkeit zu geben. Gleichzeitig aber ist seine Doppelrolle seit den ästhetisch-poetischen Entwicklungen vom späten 18. Jahrhundert an gefährdet: Droht nicht die Gelehrsamkeit die Fähigkeit zur Dichtung abzutöten? Der Dichterphilologe ist eine Schwellenfigur zur Moderne: Er versucht noch einmal, die Sehnsucht nach dem Vergangenen in gegenwärtiges Leben umzuwandeln, das sich multiplizierende historische Wissen in die Präsenz gegenwärtiger Dichtung zu bannen. Die Beiträge beschränken sich nicht auf eine Nationalphilologie. In exemplarischen Studien zu Dichterphilologen unterschiedlicher Länder und Literaturen wird deutlich, dass der poeta philologus ein europäisches Phänomen ist.
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Autorenporträt
Die Herausgeber: Mark-Georg Dehrmann (1975), Dr. phil., Akademischer Rat am Deutschen Seminar der Leibniz-Universität Hannover. Alexander Nebrig (1976), Dr. phil., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin.
Inhaltsangabe
Aus dem Inhalt: Mark-Georg Dehrmann/Alexander Nebrig: Einleitung - Evi Zemanek: Fingierte Philologie und philologische Fiktion im Werk Ugo Foscolos - Massimo Pizzingrilli: Der unendliche Horizont hinter der Dichtung. Kreative Philologie bei Giacomo Leopardi - Hartmut Bobzin: Friedrich Rückert. Der 'orientalische' Dichter und Philologe - Mark-Georg Dehrmann: Des Sängers Fluch. Philologie und Dichtung bei Ludwig Uhland - Michael Schmidt: Spur der Aura. Esaias Tegnérs Versepos «Frithiof» - Birgit Krehl: Adam Mickiewiczs künstlerisches Schaffen im Kontext seines Vorwortes «Über die romantische Dichtung» («O poezji romantycznej») - Dorothea Scholl: Zwischen Historiographie und Dichtung: Jules Michelet - Sebastian Donat: Übersetzung als Brücke zwischen poeta und philologus. Das Phänomen Friedrich Bodenstedt - Maximilian Gröne: Von der Philologie zur Fiktion. Paul Heyses Strategien der Literarisierung am Beispiel von Adam de la Halle und Raimon de Miraval - Brigitte Rath: «Our knowledge petrifies our rhymes». Edmund Gosse im Kontext der Institutionalisierung von English Literature - Alexander Nebrig: Nietzsches Dichterbild und die Wiederbelebung des Dithyrambus durch die Philologie - Vladimir Sabourín: Penco Slavejkov als (Anti-)Philologe. Das nietzscheanische Epos - Bernhard Teuber: Poeta doctus an philologus? Gelehrsamkeit, Philologie und Antiphilologie bei Arthur Rimbaud.
Aus dem Inhalt: Mark-Georg Dehrmann/Alexander Nebrig: Einleitung - Evi Zemanek: Fingierte Philologie und philologische Fiktion im Werk Ugo Foscolos - Massimo Pizzingrilli: Der unendliche Horizont hinter der Dichtung. Kreative Philologie bei Giacomo Leopardi - Hartmut Bobzin: Friedrich Rückert. Der 'orientalische' Dichter und Philologe - Mark-Georg Dehrmann: Des Sängers Fluch. Philologie und Dichtung bei Ludwig Uhland - Michael Schmidt: Spur der Aura. Esaias Tegnérs Versepos «Frithiof» - Birgit Krehl: Adam Mickiewiczs künstlerisches Schaffen im Kontext seines Vorwortes «Über die romantische Dichtung» («O poezji romantycznej») - Dorothea Scholl: Zwischen Historiographie und Dichtung: Jules Michelet - Sebastian Donat: Übersetzung als Brücke zwischen poeta und philologus. Das Phänomen Friedrich Bodenstedt - Maximilian Gröne: Von der Philologie zur Fiktion. Paul Heyses Strategien der Literarisierung am Beispiel von Adam de la Halle und Raimon de Miraval - Brigitte Rath: «Our knowledge petrifies our rhymes». Edmund Gosse im Kontext der Institutionalisierung von English Literature - Alexander Nebrig: Nietzsches Dichterbild und die Wiederbelebung des Dithyrambus durch die Philologie - Vladimir Sabourín: Penco Slavejkov als (Anti-)Philologe. Das nietzscheanische Epos - Bernhard Teuber: Poeta doctus an philologus? Gelehrsamkeit, Philologie und Antiphilologie bei Arthur Rimbaud.
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