Im Jahr 1788 lobte die Königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin eine Preisfrage aus. Sie wollte wissen, welches die wirklichen Fortschritte (»les progrès réels«) in der Metaphysik seit Leibniz' und Wolffs Zeiten in Deutschland gewesen seien. Kants Antwort hierauf nimmt eine besondere Stellung in seinem Werk ein und erfährt in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit in der Kantforschung.Die Fragestellung der Akademie stand im Kontext einer grundsätzlichen Ablehnung der Kantischen Philosophie, und sie legte eine bestimmte Antwort nahe, nämlich dass Kants Philosophie gegenüber den Systemen von Leibniz und Wolff keinen wirklichen Fortschritt darstelle. Diese Gemengelage war Kant klar und gegen sie galt es zu argumentieren, und zwar indem er die Frage zum Anlass nahm, die Ergebnisse seines eigenen transzendentalphilosophischen Ansatzes in Beziehung zu den Errungenschaften seiner philosophischen Vorgänger zu setzen und zu bewerten. Zu diesem Zeitpunkt waren alle drei Kritiken bereits erschienen, und Kant stand die endgültige Architektonik seiner kritischen Philosophie vor Augen. Dies verschafft dem Text eine besondere Bedeutung und gibt ihm in gewisser Weise ein Alleinstellungsmerkmal.Der Ausgabe liegt die 1804 postum erschienene erste und einzige Ausgabe der »Preisschrift« zugrunde. Relevante Varianten (Konjekturen, Korrekturen bzw. Erläuterungen) anderer Herausgeber sind im Apparat nachgewiesen. Beigefügt sind die zur Preisschrift gehörenden sog. »Losen Blätter«, weitere damit im Zusammenhang stehende Reflexionen und eine zeitgenössische Besprechung der Preisschrift in der »Allgemeinen Literatur Zeitung«.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Zwar hat Kant seine "Preisschrift über die Fortschritte der Metaphysik" nie zum ausgeschriebenen Wettbewerb der Königlichen Akademie der Wissenschaften eingereicht, für den er sie eigentlich verfasst hatte, lesenswert ist die Schrift aber trotzdem, verspricht Rezensent Michael Hesse. Die Preisfrage lautete, welche Fortschritte die Philosophie seit Leibniz und Christian Wolff gemacht hatte - eigentlich gedacht um Kant einen "Dämpfer" zu verpassen, erklärt Hesse, weil man davon ausging, dass an den Theorien dieser beiden "nicht gerüttelt" werden dürfe. Die vorliegende Schrift bildet einen guten Überblick und Einstieg in Kants Denken, meint Hesse, die Metaphysik wird hier Schritt für Schritt und "mit Stumpf und Stiel" eingestampft.
© Perlentaucher Medien GmbH
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