Prinzessin Spiegelschön ist mutig, witzig und frech und sie sieht 100% so aus wie Ellen. Sie ist für jeden Quatsch zu haben und bringt mit ihren Streichen alles durcheinander. Eine herzerfrischende und lustige Erzählung von Julia Donaldson, deren Name längst für wundervolle Kindergeschichten steht. Ellen ist wirklich schockiert, als ihr Spiegelbild plötzlich ein Eigenleben bekommt und aus dem Badezimmerspiegel marschiert: Das Mädchen sieht exakt genauso aus wie Ellen selbst, mit einem Unterschied - sie behauptet, eine Prinzessin zu sein. Die Windpocken von Ellen werden mit drastischen Maßnahmen im Bad geheilt, was in einem riesigen Chaos endet. In der Möbelabteilung des Kaufhauses testet Spiegelschön alle Betten und macht dem Verkäufer unmissverständlich klar, dass die Matratzen für eine Prinzessin viel zu weich sind, weil man jede Erbse spürt. In der Spielzeugabteilung küsst sie einen Teddy, woraufhin sich der vermeintliche Verkäufer-Prinz wütend auf sie stürzt. Prinzessin Spiegelschön macht ihn zur Schnecke: Höfliche Menschen würden sich für ihre Erlösung bedanken, statt zu schimpfen. Und dann gibt es da noch die Theateraufführung Die sieben Zwerge, wo Spiegelschön allerhand Verwirrung stiftet. Spiegelschöns letzter Auftritt schließlich verschafft Ellen einen superguten Einstand in der neuen Schule - dank Liebeschips! Ob es Prinzessin Spiegelschön wirklich gibt, weiß man nicht. Aber es wäre schön, wenn jedes schüchterne Mädchen eine solche Freundin hätte, die ihre geheimsten Wünsche erfüllt.
Frech: "Prinzessin Spiegelschön"
Sie sieht genauso aus und ist doch eine andere. Ellens Ebenbild krabbelt plötzlich aus dem Spiegel heraus, ist kein bißchen auf den Mund gefallen, tobt durch Kaufhäuser und verwirrt flegelhafte Jungs mit "Liebeschips". Prinzessin Spiegelschön heißt das Wesen, das Ellen wie ein Zwilling gleicht und fortan das tut, was ein Spiegel nicht kann: die Welt auf den Kopf stellen.
Ungestüm mischt sich Spiegelschön nicht nur in Ellens wenig aufregendes Leben, sondern rückt bei einer Schulaufführung gleich noch das Märchengeschehen zurecht. Als achter Zwerg rät sie Schneewittchen, sich lieber bedienen zu lassen, statt den Zwergen das Heim zu bereiten, und hält es davon ab, in die vergiftete Apfelhälfte zu beißen. Wozu ist man schließlich eine Prinzessin mit Erfahrung? Es sei ein "Triumph der Komik", heißt es hinterher über dieses Stück mit kleinen Fehlern, und gleiches möchte man von der wunderbar übermütigen Geschichte sagen. Julia Donaldson, die sich ihre Geschichten vorzugsweise im Bad ausdenkt, weiß, daß sich selbst zu bespiegeln nicht ausschließlich narzißtischer Eitelkeit folgt. Mit einer Fülle von gängigen Versatzstücken des Märchens, die sie fröhlich und gekonnt kombiniert, zeigt sie, daß der, der sich offen und neugierig wahrnimmt, oft Erstaunliches erblickt.
Der Spiegel in Ellens Badezimmer führt nicht in andere Welten, auch glänzt er nicht mit tiefsinnigen Weisheiten, doch die Prinzessin, die er ausgespuckt hat und die bald wieder verschwunden ist, hat in Ellen tief Verstecktes sichtbar werden lassen: Allzu schüchtern und brav sollten acht Jahre alte Mädchen nicht sein.
ELENA GEUS.
Julia Donaldson: "Prinzessin Spiegelschön". Mit Bildern von Lydia Monks. Beltz&Gelberg Verlag, Weinheim 2004. 109 S., geb., 9,90 [Euro]. Ab 7 J.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Wunderbar übermütig findet Rezensentin Elena Geus diese Geschichte vom Mädchen Ellen und ihrem Ebenbild Prinzessin Spiegelschön. Eines Tages ist es, wie uns die Rezensentin wissen lässt, aus dem Spiegel herausgekrabbelt und stellt nun Ellens Leben auf den Kopf. Autorin Julia Donaldson kombiniere ihre Geschichte fröhlich und gekonnt mit einer Fülle gängiger Märchenversatzstücke, lesen wir. Auch die Moral der Geschichte unterschreibt sie sofort: dass nämlich der, der sich offen und neugierig wahrnehme, oft Erstaunliches erblicke.
© Perlentaucher Medien GmbH
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