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Kaum jemand in Deutschland kennt Russland und seine polititische Elite so gut wie Alexander Rahr, der sich regelmäßig mit Putin trifft. In der vierten, aktualisierten Neuauflage seiner Putin-Biografie dringt er tief in das Innenleben der Kremlapparate ein und erklärt das Phänomen Putin aus der Sicht der Russen. Was bedeutet die Doppelherrschaft Putin/Medwedew für die Zukunft Russlands und für den Westen? Wladimir Putin ist als Präsident abgetreten, regiert jedoch Russland weiter als Premierminister. Beobachter glauben, dass er das Land noch über viele Jahre prägen wird. Das Putin-System bleibt…mehr

Produktbeschreibung
Kaum jemand in Deutschland kennt Russland und seine polititische Elite so gut wie Alexander Rahr, der sich regelmäßig mit Putin trifft. In der vierten, aktualisierten Neuauflage seiner Putin-Biografie dringt er tief in das Innenleben der Kremlapparate ein und erklärt das Phänomen Putin aus der Sicht der Russen. Was bedeutet die Doppelherrschaft Putin/Medwedew für die Zukunft Russlands und für den Westen? Wladimir Putin ist als Präsident abgetreten, regiert jedoch Russland weiter als Premierminister. Beobachter glauben, dass er das Land noch über viele Jahre prägen wird. Das Putin-System bleibt intakt, die von ihm geschaffene Machtvertikale stärkt die Zentralisierung des Staates, in der Außenpolitik strebt die Energiegroßmacht Russland nach einer globalen Rolle.
Autorenporträt
Alexander Rahr, 1959 in Taipeh geboren und in München aufgewachsen, ist Programmdirektor für Russalnd und die GUS der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er wird von der Körber-Stiftung, Hamburg, gefördert. Rahr moderiert die Sendung "Europa heute" des Fernsehens der Deutschen Welle. Bis zu dessen Einstellung arbeitete er für Radio Liberty. Seit 1990 reist er regelmäßig nach Russland und bringt die wichtigsten Politiker wie Lebed, Zjuganow, Primakow oder Luschkow zu Vorträgen nach Deutschland.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2009

Der Vorgänger als Nachfolger?
Putin, Medwedjew und der Kreml-Entscheidungsprozess

Wer den Gang der Entwicklung im Kernland der ehemaligen Sowjetunion so akribisch verfolgt, wie Alexander Rahr dies seit Jahren schon tut, der sollte es nicht nötig haben, sich eigens den "ausgewiesensten internationalen Russlandexperten" zuzurechnen. Der in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik als Programmdirektor für Russland und Eurasien tätige Autor geht indes noch einen Schritt weiter und kontrastiert seinen ja keineswegs unberechtigten Anspruch, ein Mann vom Fach zu sein, auch noch mit der vermeintlichen "Einseitigkeit", in der "zahlreiche" andere westliche Berichterstatter den Lauf der Dinge darstellten. Sie brächten dadurch in Russland selbst jenen Teil der dortigen Eliten gegen den Westen auf, der "ansonsten" dem Kreml gegenüber kritisch eingestellt sei. Nein, darauf hätte Rahr gut verzichten können. Er braucht weder seine Detailkenntnis über das nachsowjetische Russland hervorzuheben noch seine Fähigkeit, tief abzutauchen in die russische Zeitgeschichte und daraus Schlüsse von gegenwärtiger Relevanz zu ziehen.

Das fängt in diesem Fall mit der Ahnenforschung an. Zwar weiß man längst, dass Wladimir Putins Großvater Spiridow väterlicherseits zunächst für Lenin und dann für Stalin kochte. Dagegen hatte Putins Urgroßvater Iwan noch als Leibeigener auf den Feldern der altadeligen Gutsbesitzerfamilie Apraxin im Gouvernement Twer zu schuften, während sich Putins Vater Wladimir zwei Generationen später als Agitator für die Sowjetmacht bei der Antireligionskampagne hervortat. Da lag es für den Sohn offenbar auf der Hand, sich als Tschekist zu bewähren, auch wenn er nicht wissen konnte, zu welchen Höhen ihn seine KGB-Karriere eines Tages führen werde.

Wozu es der stellvertretende Hauptakteur in Rahrs Buch, der Nachfolger Putins im Präsidentenamt, eines Tages bringen werde, dass wusste natürlich auch dieser nicht. Dmitrij Medwedjew wuchs unter weniger harten Lebensbedingungen als sein Amtsvorgänger im Kreml auf. Zwar bekamen väterlicherseits sein Urgroßvater Fedor und sein Großvater Afanasi als bescheidene Landbesitzer im Bezirk Kursk die Oktoberrevolution hart zu spüren, doch Medwedjews Vater Anatolij fühlte sich dann "einer völlig neuen Generation zugehörig", der sogenannten technischen Intelligenz. Jedenfalls wuchsen Putin und Medwedjew, obwohl beide in Sankt Petersburg geboren, in einem unterschiedlichen sozialen Umfeld auf: der eine als "Straßenkämpfer", der andere als "Musterknabe". Allerdings blicken beide auf eine recht lange Zusammenarbeit zurück, deren Ausgangspunkt jedoch nicht, wie bei Putins Personenauslese sonst eher die Regel, eine gemeinsame KGB-Vergangenheit ist.

Putin nach Putin. Unter diesem vielsagenden Buchtitel mag Rahr zwar nicht ausschließen, dass sich Medwedjew aus dem Schatten seines Förderers eines Tages lösen könnte. Doch bis auf weiteres gelte: Medwedjew schöpfe seine präsidiale Autorität allein aus dem Zuspruch Putins. Letzterer hat sich in der Rolle des Regierungschefs ein solches Maß an Macht angeeignet, dass für den eigentlichen Kremlherrn kaum mehr als das Absegnen der Entscheidungen Putins zu bleiben scheint. Wer der Herr im Lande ist, hat sich besonders augenfällig im jüngsten Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine gezeigt. Medwedjew, der einstige Gasprom-Chef, trat dabei kaum in Erscheinung. Den Ton gab Putin an.

Rahr macht es sich im Gegensatz zu manch anderen Russland-Autoren nicht so leicht, die Jelzin-Ära, die Putin einen Karrieresprung nach dem anderen bescherte, pauschal als chaotisch abzutun. Er kommt stattdessen zu dem kaum zu widerlegenden Schluss, dass die Korruption heutzutage größer sei als in den neunziger Umbruchjahren. Karriere machte in jenen Jahren auch jener Michail Chodorkowskij, der es im Erdölgeschäft zu Milliarden brachte, zugleich aber auch politische Ambitionen zeigte und wohl vor allem deswegen zur Zwangsarbeit nach Sibirien verbannt wurde. Hier nun glaubt Rahr zu wissen, "persönlich" tue das sowohl Putin als auch Medwedjew leid. Doch auch Präsident und Premier könnten "geltendes Recht" nicht rückgängig machen, fasst der Autor lakonisch ein Vorgehen zusammen, das in Wahrheit ein Schauprozess reinster Willkür war.

Putin nach Putin - vor Putin? Hier hält sich der Autor mit einer Prognose wohlweislich zurück. Dennoch gibt es erste Anzeichen dafür, dass sich Medwedjew nicht als bloßer Erfüllungsgehilfe oder Platzhalter seines Amtsvorgängers verstanden wissen will. Immerhin hat er der Regierung jüngst Trägheit beim Bekämpfen einer Wirtschaftskrise vorgeworfen, die für Putin, den Chef ebendieser Regierung, zu einer Bewährungsprobe von unabsehbaren Ausmaßen werden könnte.

WERNER ADAM

Alexander Rahr: Putin nach Putin. Das kapitalistische Russland am Beginn einer neuen Weltordnung. Universitas Verlag, München 2008. 296 S., 19,95 [Euro].

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