Offen sein und schreiben, mehr wollte Rilke nicht: ein bescheidener und zugleich anspruchsvoller Wunsch. Als Autor erfuhr er »das ganze Leben [...], als ob es mit allen seinen Möglichkeiten mitten durch ihn durchginge«. Allerdings auch mit all seinen Widersprüchen: Rilke floh vor seinen Musen und konnte ohne sie nicht sein, beklagte die Folgen des menschengemachten Fortschritts und begeisterte sich für die Technik, er liebte das einfache Leben und hatte eine ausgeprägte Vorliebe für schöne Dinge und Wohnsitze. Er schuf mit den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge einen der ersten modernen Romane und epochemachende Gedichtzyklen, deren Ausdruckskraft bis heute nachwirkt.
Sandra Richter, Literaturwissenschaftlerin und Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach, arbeitet mit neuen Quellen, die mit Ankauf des großen Rilke-Archivs 2022 nach Marbach gelangt sind. In ihrer Biographie erscheint der Autor in neuem Licht: Nicht der weltabgewandte Einsiedler, zu dem er sich gern stilisierte, sondern robust, durchsetzungsfähig, alert in Gesellschaft, heiter und selbstironisch und in Finanzdingen beschlagener, als man gemeinhin annimmt. Diese Biographie macht deutlich, warum es sich heute in besonderer Weise lohnt, Rilke wieder zu lesen: Er lebte in schwierigen Zeiten, und er verarbeitete sie mit einer Wucht, die vielleicht nur im Angesicht existenzieller Bedrohung glaubhaft wirkt.
Sandra Richter, Literaturwissenschaftlerin und Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach, arbeitet mit neuen Quellen, die mit Ankauf des großen Rilke-Archivs 2022 nach Marbach gelangt sind. In ihrer Biographie erscheint der Autor in neuem Licht: Nicht der weltabgewandte Einsiedler, zu dem er sich gern stilisierte, sondern robust, durchsetzungsfähig, alert in Gesellschaft, heiter und selbstironisch und in Finanzdingen beschlagener, als man gemeinhin annimmt. Diese Biographie macht deutlich, warum es sich heute in besonderer Weise lohnt, Rilke wieder zu lesen: Er lebte in schwierigen Zeiten, und er verarbeitete sie mit einer Wucht, die vielleicht nur im Angesicht existenzieller Bedrohung glaubhaft wirkt.
»... mit wissenschaftlicher Akribie, aber auch menschlich teilnehmender Emphase geschrieben ...« Helmuth Kiesel Frankfurter Allgemeine Zeitung 20250130
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Knapp tausend Seiten Rilke-Biografie annonciert der für die FAZ rezensierende Literaturwissenschaftler Helmuth Kiesel, allerdings aufgeteilt auf zwei Bücher: Minutiös vergleicht der Kritiker die Werke des Germanisten Manfred Koch und der Leiterin des Literaturarchivs in Marbach Sandra Richter miteinander. So viel vorab: Beide Biografien hält Kiesel für ausgesprochen lesenswert, bestechen sie doch nicht nur durch gleichermaßen wertschätzenden und kritischen, sowie wissenschaftlich genauen und "emphatischen" Zugang, sondern auch durch kenntnisreiche Sichtung der Materialfülle - und neue Erkenntnisse. So liest der Rezensent etwa, wie Rilke seinen Leidensweg in Kreativität überführte, seiner Mutter-Thematik nicht selten an jüngeren Frauen abarbeitete oder sich selbst hervorragend im Literaturbetrieb vermarktete. Koch und Richter reichern ihre Texte zudem mit vielen Zitaten und Zeugnissen an, lobt der Rezensent. Dennoch würde er Kochs Werk den Vorzug geben, nicht nur weil hier das für Rilke nicht unwesentliche Thema "Onanie" ausführlicher behandelt wird. Was er an Kochs knapp 120 Seiten längerer Biografie vor allem schätzt, ist die ausführliche Textanalyse, die das Buch für Kiesel zu einer "psychologisch und ästhetisch feinfühligen, überaus gehaltvollen und scharf profilierenden Beschreibung" von Leben und Werk macht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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