Nach dem Ende der Sowjetunion galt die Unterscheidung »rechter« und »linker« politischer Strömungen als veraltet. In einer globalisierten Welt sollten politische Entscheidungen nicht mehr durch ideologische Kategorien bestimmt, sondern fortan sachgerecht getroffen werden.Spätestens nach den Terroranschlägen von 2001 erwies sich die Vorstellung vom Ende der Geschichte als Illusion. Seitdem kehrt das binäre politische Ordnungsmuster mit Macht zurück, allerdings neu akzentuiert. Kaum ein Mensch will und darf in Deutschland mehr rechts sein. Die Zuschreibung »links« ist hingegen weniger stark negativ belastet. Wie variabel die Positionierung zwischen den beiden Polen allerdings sein kann, zeigt sich mit Blick auf Selbstverständnis und Außenwahrnehmung der Nationalsozialisten und auf die Richtungskämpfe im Kommunismus.Peter Hoeres belegt eindrucksvoll, dass die Renaissance des binären politischen Ordnungsschemas auf Konstanten beruht, die sich durch die gesamte menschliche Geschichte ziehen. »Rechts« war, im Gegensatz zu heute, historisch überwiegend positiv, »links« überwiegend negativ besetzt. Eine politische Umwertung erfolgte erst im Zuge der Französischen Revolution. Mit der zunehmenden normativen Zuspitzung droht das binäre Schema inzwischen zur Gefahr für den Rechtsstaat und das friedliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft zu werden.
Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Rezensent Eckhard Jesse hebt mehrmals lobend hervor, dass Peter Hoeres mit seiner Studie zur Geschichte der Rechts-links-Unterscheidung "Neuland betritt" und zwar mit beeindruckender Quellenfülle. Der Historiker zeigt, dass die Bevorzugung der rechten Seite kulturübergreifend lange Zeit tief verankert war, von der "rechten Hand Gottes" bis zum "rechtschaffenen" Menschen. Politisch jedoch habe sich mit der Französischen Revolution eine "kopernikanische Wende" vollzogen, erfahren wir. Seitdem ist es für weite Bevölkerungsteile erstrebenswert, "links" zu sein. Überzeugend findet Jesse Hoeres' Kritik am "einlinigen Kampf gegen Rechts", der oft Grenzen zwischen "rechts" und "rechtsextrem" verwische. Weniger gelungen sei hingegen die Darstellung des "doppelten Wandels" der Wertenorm "links" oder "rechts" von räumlicher zu weltanschaulicher Orientierung - mitunter "recht diffus", urteilt der Kritiker. Dennoch: eine "originelle, quellengesättigte Studie", die Debatten anregen dürfte, freut sich Jesse zuletzt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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