Ein amerikanischer Schriftsteller erhält ein Stipendium für den Aufenthalt an einer Berliner Kulturstiftung. Das renommierte Deuter-Zentrum fühlt sich den Werten von Offenheit und Transparenz verpflichtet, er jedoch empfindet die rigiden Regeln der Akademie als Eingriff in seine Privatsphäre. Er sondert sich ab, unternimmt ausgedehnte Spaziergänge am Wannsee, liest Kleist und streamt sich durch alle Folgen einer ultrabrutalen Fernsehserie namens »Blue Lives«. Auf einer Gala anlässlich der Berliner Filmfestspiele lernt er den Schöpfer der Serie kennen, einen jungen Amerikaner namens Anton, der sich rasch als reaktionärer Agitator entpuppt und eine unerklärliche Faszination auf ihn ausübt. Sind die konspirativen Codes und Signale, die er in Antons Serie zu erkennen glaubt, geheime Nachrichten an ihn? Ist er der Einzige, der Anton auf seinem Kreuzzug zur Verbreitung identitärer Werte aufhalten kann? Oder bildet er sich das alles nur ein? Nach und nach wird aus seinen quälenden Fragen echte Besessenheit, und er folgt Anton quer durch Europa, um ihn zu stellen ...Mit »Red Pill« führt uns Hari Kunzru die Selbstvergessenheit liberaler Demokratien vor Augen. Eindringlich schildert er, welchen Gefahren sich unsere Gesellschaft im digitalen Zeitalter aussetzt, wenn sie, von der eigenen Unfehlbarkeit überzeugt, radikale Kräfte gewähren lässt. Denn zum autoritären Staat ist es immer nur ein kleiner Schritt.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Andrian Kreye muss sich erst durch ein morbides Berlin kämpfen in Hari Kunzrus Roman ehe die Geschichte um einen latent depressiven Wannsee-Stipendiaten mit Schreibblockade Fahrt aufnimmt. Erst wenn Kunzrus Figur sich in die zeitgenössischen politischen Debatten wirft und auf einen Nihilisten und Vertreter des Altright-Movement trifft, wird es für Kreye interessant. Dann nämlich beweist der Autor seine Fähigkeit, Sozialkritik mit magischem Realismus kurzzuschließen, erklärt er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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