Die Geschichte des 20. Jahrhunderts lässt sich ohne die Geschichte des Kommunismus nicht verstehen. Mit der Kommunistischen Internationale nahm 1919 ein revolutionäres Projekt Gestalt an, das auf einer schlagkräftig organisierten und global vernetzten Avantgarde aufbaute. Mit besonderem Augenmerk auf eine Gruppe von transnational engagierten Frauen und Männern zeichnet Brigitte Studer ein Gesamtbild der Komintern in globaler Perspektive nach - von Moskau und Berlin über Baku und Taschkent bis nach Wuhan und Shanghai. Sie zeigt die soziale Realität der arbeitsteiligen Welt der Komintern und die Erfahrungen, Hoffnungen und auch Enttäuschungen von Menschen, für die die Revolution Arbeit und Lebensinhalt war.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der hier rezensierende Historiker Gerd Koenen kann sich für Brigitte Studers Geschichte der Komintern nicht erwärmen. Schon ihr Ausgangspunkt, dass die alte Sozialdemokratie ausgedient hatte und deswegen die Arbeiterbewegung auf eine neue Organisation setzen musste, um die Weltrevolution voranzubringen, hält er für falsch: Schließlich versammelte die Komintern vor allem Intellektuelle, abtrünnige Sprösslinge des Adels und Großbürgertums oder Angehörige nationaler Minderheiten, während die meisten Arbeiter der SPD verhaftet blieben. Aber auch wenn sich Studer exemplarisch auf charismatische Figuren wie den indischen Sozialrevolutionär Manabendra Roy, den kommunistischen Medienmogul Willi Münzenberg oder die Fotografin Tina Modotti kapriziert, wird Koenen bald enttäuscht: Anstatt Motivation und Beweggründe auszuleuchten, verbiete sich Studer "biografische Illusionen" und versteife sich auf die derzeit angesagten methodischen Imperative. Doch mit deren "hölzernen Floskeln" könne die Autorin erst recht nicht die hingebungsvolle Energie erklären, mit denen die "Reisende der Weltrevolution" im Auftrag des Weltproletariats agierten, findet der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Jetzt ist ein Buch erschienen, dessen Gegenstand nicht hauptsächlich die wechselvolle Komintern-Politik ist, sondern die Lebenswelt der handelnden Personen. Verfasst hat es die Schweizer Historikerin Brigitte Studer, die seit Jahrzehnten auf diesem Gebiet arbeitet und ein wahres Massiv von Primär- und Sekundärquellen vermessen hat.« Gero von Randow DIE ZEIT 20201223







