2007 jährt sich der 850. Geburtstag von Richard I. Löwenherz. Wenige vormoderne Herrscher verfügen heute noch über einen ähnlichen Bekanntheitsgrad, wenige erfuhren eine eindimensionalere Beurteilung. Infolge seines spektakulären Kreuzzuges gegen Sultan Saladin und seiner Gefangenschaft in deutscher Hand avancierte Richard I. zu einem Mythos. Seitdem haftete ihm das Image eines archetypischen Kriegshelden, jedoch ebenso das eines leichtfertigen Abenteurers an. Hinter diesen Klischees verbirgt sich jedoch ein ungemein vielschichtiger Akteur, für den einfache Kategorien nicht ausreichen. So verfolgte Richard I. als Herrscher des heterogenen Angevinischen Reiches, das sich von Schottland bis zu den Pyrenäen erstreckte, eine komplexe Politik, die sich nicht nur auf seine außergewöhnlichen militärischen Fähigkeiten, sondern auch auf geschickte Diplomatie sowie intensive Propaganda stützte. Binnen weniger Jahre bewirkte er einen massiven Umbruch im europäischen Bündnissystem, schwang sich 1197/98 zum mächtigsten Herrscher des Kontinents auf und nahm erheblichen Einfluss auf die Geschichte des deutschsprachigen Raumes - so etwa als Königsmacher Ottos IV., des einzigen Welfen, der den römisch-deutschen Kaiserthron erklomm. Aber auch auf anderen Ebenen hinterließ Löwenherz viele Spuren. Die Tradition seiner berühmten Mutter Eleonore von Aquitanien fortsetzend, war er ein bedeutender Förderer der südfranzösischen Troubadourkunst, die den deutschen Minnesang nachhaltig prägte. Zudem bewies er sich als kundiger Poet, als intellektueller König mit breit gefächerten wissenschaftlichen Interessen und setzte als Architekt neue Maßstäbe im europäischen Festungsbau.Die auf breiter Quellenbasis verfasste Biografie beleuchtet auch wenig geläufige Aspekte des bewegten Lebens von Richard I. Löwenherz: Herrscherkult und Imagebildung, den Dichter, den Machtpolitiker, den Mitgestalter deutscher Geschichte. Sie zeigt eine charismatische und hoch begabte, rätselhafte und abgründige Schlüsselfigur einer entscheidenden Epoche europäischer Geschichte.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Überzeugt ist Rezensent Michael Borgolte von dieser Biografie Richard Löwenherz', gegen die er einzig einzuwenden, dass der von Robert-Tarek Fischer bemühte "Mythos" doch schon reichlich verblasst sei. Er ordnet das Buch dem Genre der "theoretisch unbeschwerten Biografik" zu, die dem Leser auch die unablässige Folge kriegerischer Auseinandersetzung weitestgehend erspart. Stattdessen, so der Rezensent, schildere Fischer den englischen König als charismatischen Herrscher, der kraft seiner Persönlichkeit das sich von Schottland bis zu den Pyrenäen erstreckende Reich zusammenhielt, und zwar trotz seiner Kreuzzüge und Gefangenschaft. Aber der Rezensent hat dieser Biografie auch entnommen, dass es gerade Löwenherz' Charisma war, das staatliche Strukturreformen fatalerweise unnötig machte. Schockiert entnehmen wir der Rezension auch, dass der Normanne Richard überhaupt kein Englisch sprach.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH







