Der Schweizer Fotograf Roger Eberhard ist für seine neue konzeptionelle Fotoarbeit auf alle fünf Kontinente gereist. In 32 Städten hat er stets im lokalen Hilton-Hotel das Standarddoppelzimmer gebucht und dort das Interieur mit Doppelbett, Mobiliar und Fenster fotografiert. Zudem hat er die Aussicht auf die jeweilige Stadt aus dem Fenster des Hotelzimmers aufgenommen.So ist Roger Eberhards neues Buch Standard entstanden, das einen vielschichtigen Blick auf unsere globale Welt zeigt. Die Interieurs der grössten Hotelkette der Welt sind rund um den Globus nach dem gleichen Schema eingerichtet und wirken daher erstaunlich gleichförmig; trotzdem beinhalten viele von ihnen auch einen kleinen Verweis auf lokale Geschmacksprägungen. Der Blick auf die Städte offenbart, dass sich die meisten Grossstädte der Welt in vielen Aspekten angenähert haben, aber doch auch jeweilige Eigenarten erhalten bleiben.Roger Eberhards Fotografien werden begleitet von Texten des Schriftstellers Benedict Wells über die Monotonie in anonymen Hotels auf Lesereisen, der Kunsthistorikerin Franziska Solte über das Hotelzimmer als «modern interieur» par excellence sowie von Nadine Wietlisbach, die Roger Eberhards künstlerische Arbeit analysiert und einordnet.
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Hier das Bett, dort der Pool; hier das Bett, dort die Skyline; hier das Bett, dort eine Wand mit einer Reihe von Fenstern, fast zum Greifen nah. So sehen die Bildpaare des Fotokünstlers Roger Eberhard aus. Allesamt sind sie auf Reisen entstanden, in Hotels zwischen Sydney und Wien, Berlin und Reykjavik, Lima und Schanghai. Die Betten: immer gleich. Die Aussicht: stets anders. Doch wer steht in seinem Hotelzimmer schon lange am Fenster und beobachtet den Verkehr oder Menschen in einem Park? Mehr Zeit verbringt man im Bett, hofft, dass die Wäsche knistert und man schnell einschläft, um im Traum der Monotonie der Einrichtung zu entkommen. "Ein Hotelzimmer strahlt aus, dass wir ihm egal sind", schreibt altersweise der junge Schriftsteller Benedict Wells im Vorwort des Bildbands "Standard". Auf den Aufnahmen von Roger Eberhard sind sie von solch bestürzender Aufgeräumtheit und einer Sauberkeit bis an die Grenze des Aseptischen, dass einem Fluchtgedanken kommen könnten. "Please disturb", würde man am liebsten ein Schild an die Zimmertür hängen, damit ein wenig Leben in den Raum kommt. Die Welt aber bleibt ausgesperrt - hinter einer Wand aus Glas.
F.L.
"Standard" von Roger Eberhard (Fotografien), mit Texten von Benedict Wells, Franziska Solte und Nadine Wietlisbach. Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich 2016. 88 Seiten, 32 Bildpaare. Gebunden, 58 Euro.
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