'Als ich mich vor drei Jahren mit meiner Familie in Tokio aufhielt, wo wir im Stadtteil Roppongi wohnten, starb im Alter von 99 Jahren mein Vater, der mir ein Jahr vor seinem Tod in einem kurzen, aber dramatischen Telefonmonolog mitteilte, daß, wenn es soweit sei, ich nicht zu seinem Begräbnis kommen solle.'"In Roppongi erinnert sich der Georg-Büchner-Preisträger 2008 an seinen im biblischen Alter verstorbenen Vater. Es ist ein 'Gedenkmonument nachgetragener Liebe. Das 'Requiem für einen Vater' besitzt die Gnade der Leichtigkeit, hat jene Musikalität der Satzperioden und die von Ilse Aichinger an Winkler gerühmte 'fanatische Genauigkeit', die einen Schreibenden zum Dichter werden lassen. 'Ja, Vater, mach's gut', vernehmen wir da als Nachruf, 'ich wünsche dir eine gute Reise'." Ulrich Weinzierl in seiner Laudatio auf den Georg-Büchner-Preisträger
»Josef Winkler ist ein Grenzgänger, der schreibend seine Angst in Lust verwandelt und mit dem riskanten Balanceakt knapp am Abgrund langfristig zu solidem Gleichgewicht findet. Nicht Jenseitsverherrlichung betreibt er in Roppongi, sondern Selbstbefreiung im großen Stil. Dazu muss das Verdrängte allerdings in einem beunruhigenden Prozess, der auch den Leser keineswegs schont, immer wieder evoziert werden.« Süddeutsche Zeitung
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Auf gelungene Art misslungen scheint Rezensent Hans-Peter Kunisch Josef Winklers neues Buch zu finden, an das er sich in elyptischen Bewegungen heranschreibt. Zunächst rätselt er, in welches literarische Verkaufssegment er das Buch einordnen soll: Generationenhistorie, Vaterbeschimpfung, Buch über den Tod? Schwer macht die Einordnung auch, dass Winkler seine Geschichte an drei nicht nur räumlich weit voneinander entfernt liegenden Orten spielen lässt, in Indien, im bäuerlichen Kärnten und im japanischen Roppongi, wo der Autor, wie Kunisch schreibt, vom Tod seines Vaters erfährt. Kunischs Leseerlebnisse sind widersprüchlich. Da ist eine gewisse Begeisterung für den "verspielt-ironischen, sachlich-originellen" Beginn des Buchs zu spüren, für die interessanten Analogien zwischen dem "todessinnlich"-katholischen Kärnten und dem "siebenmal so todessinnlichen" Indien. Da hört man eine gewisse Genervtheit über das gelegentliche Überschreiten der Kitschgrenze durch diesen Autor heraus, über seine irritierende Unschlüssigkeit bei der Stoffauswahl. Da spürt man immer wieder Verwunderung über die grundsätzliche Sanftmut dieser Vaterbeschimpfung. Als Leser von Kunischs Kritik ist man daher neugierig auf dieses Buch und gewarnt vor ihm zugleich.
© Perlentaucher Medien GmbH
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