Franz Grillparzers Trauerspiel "König Ottokars Glück und Ende", am 19. Februar 1825 im Burgtheater uraufgeführt, wurde unter anderem als "nationales Festspiel", als "großes vaterländisch-österreichisches Volksstück", als "österreichisches Nationalstück" gepriesen, spätere Inszenierungen als "kulturpolitische Manifestationen einer oszillierenden österreichischen Identität" interpretiert. Tatsächlich entstand fast die Hälfte der Neuinszenierungen aus politischen oder (kultur-)historischen Anlässen, wie etwa dem 60. Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs I. (1908), der Wiedereröffnung des neu errichteten Burgtheaters kurz nach der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags (1955), der 200-Jahr-Feier der Erhebung des Theaters zum (k.k.) Nationaltheater (1976) oder dem 50-jährigen Jubiläum der Wiedereröffnung (2005). Im Jahr 2025 wird das "österreichische Nationalstück" zweihundert Jahre alt, und zufälligerweise haben viele der folgenden emblematischen Aufführungen (1955, 2005) ebenfalls runde Jubiläen. Etliche Beiträge in dieser Nummer "Schnittstelle Germanistik" fragen daher, welche Relevanz Grillparzer und die Nationaldramen heute noch haben. Zwei Beiträge behandeln die Aktualisierung des Stoffes in unterschiedlichen kulturellen Kontexten, andere gehen dem österreichischen und dem ungarischen Diskurs des Nationaltheaters und des Nationaldramas im 19. Jahrhundert nach. Franz Theodor Csokors "3. November 1918" wird als ein gescheiterter Versuch eines österreichischen Nationaldramas gelesen, während in Elfriede Jelineks "Burgtheater" nationalistische Diskurse dekonstruiert werden.
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