»Das ist mein Mittelpunkt, diese Herzgewächse, und das Drumherum sind Marginale«, sagte Hans Wollschläger über sein opus magnum.Er nannte es selbst ein »wahnwitzig umfangreiches, diffiziles, auch rücksichtsloses Buch«. Die »Herzgewächse« sind eine fiktive Künstlerbiographie in Form tagebuchartiger Aufzeichnungen. Der philosophische Schriftsteller Michael Adams, 1900 geboren, kehrt 1950 aus der Emigration in seine Heimatstadt Bamberg zurück. Von der Gegenwart, der frühen Adenauerzeit, bis in die Urvergangenheit menschlicher Kultur spannen sich die Einträge seines fiktiven Tagebuches. Immer stärker quälen ihn Paranoia und geistige Zerrüttung, bis er letztlich in der Psychiatrie landet. Überblendung, schnelle Schnitte und abrupte Brechungen kennzeichnen diesen Text, in dem verschiedene Sprach- und Bewusstseinsebenen einander ergänzen, immer neue Geschichten aufeinander zu und gegeneinander laufen. Die »Herzgewächse« sind ihrer strukturellen Komposition nach Musik: Wortklang und Bedeutung gehen eine in der deutschen Literatur einmalige Synthese ein. Der Band gibt den Text der dritten Auflage von 1997 wieder, das einzige abgeschlossene Kapitel des zweiten Teils (VI) wird im Anhang abgedruckt. Hans Wollschlägers großes Romanwerk blieb unvollendet.Von einer Ingeniosität, auch einem intellektuellen Gedankenreichtum und einer Weite des Wissens, daß daneben die üblichen zeitgenössischen literarischen Strickmuster ärmlich aussehen.Jörg Drews
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Dietmar Dath ist hocherfreut über die Neuedition von Hans Wollschlägers "größtem Buch". Sein Protagonist ist der Schriftsteller Michael Adams, der das Bamberg der Nachkriegszeit erfolglos zu seiner Heimat zu machen versucht, erzählt der Rezensent. Adams' Aufzeichnungen bilden dabei den Romantext, so Dath. Der Kritiker betrachtet sie als "Notation fortschreitenden Selbstverlusts" und als Zeugnis vergeblichen Bemühens um eine Rückkehr in die von Hitler hinterlassenen Ruinen der Zivilisation: Denn Adams scheitere im Alltag, an der Liebe, und nicht zuletzt an der eigenen Sprache. Ein düsteres Buch habe Wollschläger hier verfasst, das in seiner "Traumähnlichkeit" häufig an romantische Schauerliteratur erinnere, ohne jedoch im mindesten "malerisch" zu sein. Vielmehr handle das Werk von der "Unmöglichkeit jeglicher Flucht ins Innen", wie Dath meint.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Wollschlägers Literatur ist psychologisch und kritisch, ungemütlich und erschreckend direkt, klug und tiefgründig. Eine alte-neue Leseempfehlung!« (Helke Jacob, Stadtecho BA, Mai 2017)







