Schwarz und Weiß. Keine Zwischentöne. Der Holzschnitt im Einband kennt nur zwei Farben: die des Papiers (in der Regel weiß) und die der Druckfarbe (in der Regel schwarz). Auch dieser Roman hat keine Grautöne. Er ist weder versöhnlich noch beschwichtigend und er macht nichts gut. Er ist unerbittlich
tiefschwarz und die Charaktere sind weiß im Schwarzen und schwarz im Weißen. Soviel zur…mehrSchwarz und Weiß. Keine Zwischentöne. Der Holzschnitt im Einband kennt nur zwei Farben: die des Papiers (in der Regel weiß) und die der Druckfarbe (in der Regel schwarz). Auch dieser Roman hat keine Grautöne. Er ist weder versöhnlich noch beschwichtigend und er macht nichts gut. Er ist unerbittlich tiefschwarz und die Charaktere sind weiß im Schwarzen und schwarz im Weißen. Soviel zur Farbgebung.
Man könnte den Roman einen Entwicklungsroman nennen. Ein junger Schwarzer aus den Südstaaten kommt Anfang der Siebziger ins brodelnde New York. Er ist unbedarft und dadurch formbar. Sein Gaumen ist frisch und die Knospen lernfähig. Ein Weinhändler sucht einen Assistenten, um reichen New Yorkern die teure Währung Wein schmackhaft zu machen. So wird Duke Weinverkoster, nicht irgendeiner, nein, DER Experte. Seine junge bildhübsche blonde Frau Lili, die sich von einem hässlichen Entlein zu einem erfolgreichen Super-Model wandelt, liebt ihren großen naiven, unschuldigen, unverdorbenen schwarzen Mann Duke. Schon bald gehören beide zur hippen New Yorker Gesellschaft. Ihre Liebe ist beispiellos groß, nicht klein und mittelmäßig. Zwischentöne gibt es nicht.
Schönheitswahn, Kokain, Sensationsgier im Schein der Schönen und Reichen, ein bisschen Showbiz von Liz Taylor bis zum Schah von Persien, das alles très chic und gleichzeitig dekadent, füllen die Seiten und die der Klatschpresse in den 70-igern. Der Jahrtausendwechsel naht, die Angst vor AIDS greift um sich und die damals neuesten Errungenschaften der Technologie wie Walkman und PC entwickeln sich milleniumtauglich.
Duke ist naiv, schlicht, unerfahren und gutgläubig. Er kennt keine Steuererklärung und hat kein eigenes Bankkonto. Geld ist für ihn „Privatsache“. Seine Liebe zu seiner Frau bleibt trotz stiller Verdachtsmomente jahrelang unangetastet.
Lili lebt ihr verwöhntes Leben als It-Girl. Sie muss im Mittelpunkt stehen, koste es, was es wolle. Dafür geht sie über Leichen. Menschen, die ihr von Nutzen sein könnten, werden zum Spielball ihrer Eitelkeiten. Sie ist die Meisterin im Ränkeschmieden und schreckt vor nichts zurück. Sie so direkt, dass es weh tut.
Neben den beiden Protagonisten gibt es noch weitere Hauptpersonen, an denen sich die Story reibt: Jo, die weiße Mutter des schwarzen Duke, die Stimme aus dem Off, die richtigstellt und kommentiert, und die Stones, Lilis Eltern, er Professor und sie Journalistin. Letztere leben in der Upper West Side, umgeben von überquellenden Bücherregalen und intellektuellen Freunden. Wer ihre Dinnerpartys besucht, ist wichtig. Beide besuchen regelmäßig ihren Psychiater. Und doch gerät ihre Welt aus den Fugen.
Dukes deutschstämmige Mutter Jo hat nie richtig Fuß gefasst. Die Hassliebe zu ihrer Tochter Anne beruht auf Gegenseitigkeit.
Vietnam und Nazideutschland, eine Alleinerziehende mit farbigem Kind, Rassenressentiments, eine reiche Hollywood-Schönheit ohne Publikum, spätes Coming-out eines gestandenen Heteros, eine Nutte in Kenia und eine unbekannte Tochter - das alles macht den Stoff aus Eitelkeiten aus und zündet ein Fegefeuer. Menschliche Tragödien werden wie beiläufig lakonisch angeführt und lassen den Leser atemlos zurück.
Der Schluss lässt so manche Frage offen. Warum geht es so aus, wie es ausgeht? Verweben sich Alptraum, Wunschtraum und die nackte Wahrheit so fest ineinander, weil das Leben so ist? Können die starren Strukturen der amerikanischen Gesellschaft vielleicht gar nicht aufgebrochen werden, obwohl sich die Welt in den 70-igern schneller zu drehen begann? Eifersucht, Neid, Gier und Macht können menschliche Abgründe auftun, deren Nährboden Liebe ist. Der Leser schwankt zwischen Mitleid und Angst.
Eine antike Tragödie, deren Katharsis ein Opfer braucht.