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Aus den geheimen Schränken Sigmar PolkesDas von Reiner Speck in Zusammenarbeit mit dem Künstler konzipierte Buch »Daphne« gibt Einblick in die Werkstatt Sigmar Polkes und in das durch subtile Ironie bestimmte Werk eines der bedeutendsten Künstler der Gegenwart.Mit dieser Anthologie von Bildfindungsquellen und Dokumenten wird Polkes Schöpfungsprozeß in vierundzwanzig Kapiteln am Beispiel von großformatigen Fotokopien beleuchtet. So offenbart sich die ungewöhnliche Methodik einer Bildgenese. Die alte Form des handlichen Skizzenbuches scheint abgelöst vom Aktenordner, der diese manipulierten…mehr

Produktbeschreibung
Aus den geheimen Schränken Sigmar PolkesDas von Reiner Speck in Zusammenarbeit mit dem Künstler konzipierte Buch »Daphne« gibt Einblick in die Werkstatt Sigmar Polkes und in das durch subtile Ironie bestimmte Werk eines der bedeutendsten Künstler der Gegenwart.Mit dieser Anthologie von Bildfindungsquellen und Dokumenten wird Polkes Schöpfungsprozeß in vierundzwanzig Kapiteln am Beispiel von großformatigen Fotokopien beleuchtet. So offenbart sich die ungewöhnliche Methodik einer Bildgenese. Die alte Form des handlichen Skizzenbuches scheint abgelöst vom Aktenordner, der diese manipulierten Blätter aus Kopiergeräten versammelt. Irgendwann einmal wird das ein oder andere Blatt zum Motiv eines großen Bildes oder eines kleineren graphischen Zyklus'. Die Dramaturgie später zu schaffender Werke beginnt vor dem Kopiergerät, ihre Dramatik wird durch Hand und Blick des Künstlers bestimmt. Druckpunkt und Raster, Sujet und Geschwindigkeit bestimmen das scheinbar unvorhersehbare und zuweilen schwer deutbare Geheimnis eines Bildes, dessen Entwürfe dem Abfall einer Reproduktionsmaschine gleichen.Auch wenn die im Buch dokumentierten Sujets nur einen kleinen Einblick in die bisher geheimgehaltenen Arbeitsschränke und Archive des Künstlers geben, so ist es doch ein wesentlicher. Das Einzigartige des vorgelegten Bandes ist die tautologische Handhabung und Reflexion seines Entstehungsprozesses: Die Originalkopien wurden im gleichen Verfahren in ihrer ursprünglichen Größe reproduziert, geordnet und gebündelt. Erstmals ist so ein Künstlerbuch mit einer solchen Aura an Authentizität entstanden, so daß anhand dessen Walter Benjamins Essay »Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit« neu gelesen werden muß.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Reiner Speck, geboren 1941, ist Arzt, Sammler, Publizist sowie Begründer und Präsident der Marcel Proust Gesellschaft in Köln. Seine umfangreiche Sammlung zeitgenössischer Kunst ist international ebenso bekannt wie seine Bibliothek zu Proust und Petrarca. Reiner Speck veröffentlichte zur zeitgenössischen Kunst, Literatur und Medizingeschichte.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Staunend hat Rezensent Thomas Wagner dieses großformatige Künstlerbuch Sigmar Polkes als abermaligen Beweis für dessen "Lust an der Bildmetamorphose" betrachtet - seinen Informationen zufolge ein schwergewichtiges, "mittels präzisem Digitaldruck in hartem Schwarzweiß verfertigtes Kompendium von vierundzwanzig Sequenzen seiner Kopierkunst im Originalformat". Wagner sieht Polke darin allerlei gezeichnete, kopierte, gerasterte und manipulierte Vorlagen derart virtuos über das profane Belichtungsfenster eines Fotokopierers jagen, bis das "reproduktive Medium" derart heißlaufe, dass es "gleichsam Verrat an der Sache der Reproduktion übt" und auf wundersame Weise aus einer Kopie wieder ein Original entstehe.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.2004

Kopistentraum: Sigmar Polkes Künstlerbuch "Daphne"

Es sind nicht selten Fehler, Abweichungen oder Knoten, aus denen Neues entsteht, seien diese nun unvermeidbar oder bewußt herbeigeführt. Wer den Bogen raus hat, den Spielraum eines bestehenden Systems auszunutzen, der vermag scheinbar unumstößliche Prinzipien zu überlisten. Was dann beginnen kann, ist eine ganz besondere Art der Jagd nach dem Schönen.

Mit Hintergedanken hat Sigmar Polke sein schwergewichtiges, großformatiges Künstlerbuch "Daphne" genannt - ein prächtiges, mittels präzisem Digitaldruck in hartem Schwarzweiß verfertigtes Kompendium von vierundzwanzig Sequenzen seiner Fotokopierkunst im Originalformat. Was man staunend vor Augen hat, ist nichts weniger als der abermalige Beweis für Polkes Lust an der Bild-Metamorphose in Permanenz. Denn von "Betriebsfest" bis "Oswald", von "Wurstfinger" bis "Germania" und "Paulskirche" jagt Polke allerlei gezeichnete, kopierte, gerasterte und manipulierte Vorlagen derart virtuos über das Belichtungsfenster eines profanen Fotokopierers, bis Demokraten durch den Raum wirbeln und nur noch die Säulen Ruhe bewahren oder Putti ihresgleichen nicht nur mittels einer Maske erschrecken, sondern diese in furios gedehntem Lauf wie den verwandelten eigenen Kopf vor sich hertragen.

In den "Metamorphosen" des Publius Ovidius Naso ist es der Streit zwischen Apoll und Amor, wer von beiden besser mit dem Bogen umzugehen vermag, der den Anstoß zu der bekanntlich unglücklich endenden Liebe des göttlichen Jünglings Apoll zu der peneïschen Nymphe Daphne gibt. Entzündet doch der eine Pfeil die Begierde, die der andere indes hemmt. So wird Daphne, die um so schöner erscheint, je drängender der Gott sie verfolgt, am Ende in ebenjenem Moment, als die Kraft ihr versagt und seine Hände nach ihr greifen, von ihrem Vater in einen Lorbeerbaum verwandelt. "Was bleibt", heißt es bei Ovid, "ist die glänzende Schönheit." Von Sigmar Polkes Liebe zur Metamorphose indes kann man nicht behaupten, sie sei unglücklich. Doch bleibt auch für ihn, der im Bild stets der Idee nachjagt, die sich in dem je einen niemals wahrhaft fassen läßt, immer nur hölzernes Papier und schnödes Ergebnis - so trefflich es scheinen mag.

Seit 1982 verwendet Polke bei seiner Jagd auch profane Fotokopierapparate, um sein unstillbares Verlangen nach unvorhersehbaren Bildern stillen und die Ergebnisse eines halb der Hand des Künstlers, halb dem Zufall geschuldeten Gestaltwandels auskosten und eventuell später in Gemälden verwenden zu können. Auf diese Weise übt er sich gut manieristisch in der Kunst der Überbietung, läßt das reproduktive Medium derart heißlaufen, bis es gleichsam seinen Auftrag vergißt und Verrat an der Sache der Reproduktion übt. So entsteht auf wundersame Weise aus der Kopie einer Kopie wieder ein Unikat. Wie Daphne vor dem Gott, so flieht Polkes xerographische Verwandlungskunst vor der endgültigen Erfüllung. Denn nichts darf Bestand haben; alles bleibt Passage und Umsteigestation zum nächsten, unvordenklichen Zustand.

Längst hat der Möglichkeitssinn des Ironikers Polke also Medien ergriffen, die für gewöhnlich kaum zum Generieren neuer Bilder taugen. Dabei muß Polke die Maschine nicht einmal gegen ihre ursprüngliche Funktion wenden, um zu erforschen, was die Erscheinungen im Innersten zusammenhält. Was erscheinen will, das soll frei sein, zu erscheinen. Womit das Werk nicht mehr zur Totenmaske der Konzeption wird, sondern sich unablässig im Begehren des Unvorhersehbaren fortzeugt. So düpiert Polkes Verfahren einerseits die fotomechanische Reproduktion; andererseits reproduziert es aber die Logik des Begehrens selbst, indem es die Erfüllung aufschiebt und den Mangel, der das Begehren antreibt, aufrechterhält. Erst wenn es von der Hand des Künstlers wieder durch den Kopierer gejagt wird, vermag das "gestohlene" Bild seine Fesseln abzuwerfen.

THOMAS WAGNER.

Sigmar Polke: "Daphne". Hrsg. und mit einem Text von Reiner Speck. Snoeck Verlagsgesellschaft, Köln 2004. 440 S., geb., bis 1. Juni 298,-; danach 398,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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