Aus den geheimen Schränken Sigmar PolkesDas von Reiner Speck in Zusammenarbeit mit dem Künstler konzipierte Buch »Daphne« gibt Einblick in die Werkstatt Sigmar Polkes und in das durch subtile Ironie bestimmte Werk eines der bedeutendsten Künstler der Gegenwart.Mit dieser Anthologie von Bildfindungsquellen und Dokumenten wird Polkes Schöpfungsprozeß in vierundzwanzig Kapiteln am Beispiel von großformatigen Fotokopien beleuchtet. So offenbart sich die ungewöhnliche Methodik einer Bildgenese. Die alte Form des handlichen Skizzenbuches scheint abgelöst vom Aktenordner, der diese manipulierten Blätter aus Kopiergeräten versammelt. Irgendwann einmal wird das ein oder andere Blatt zum Motiv eines großen Bildes oder eines kleineren graphischen Zyklus'. Die Dramaturgie später zu schaffender Werke beginnt vor dem Kopiergerät, ihre Dramatik wird durch Hand und Blick des Künstlers bestimmt. Druckpunkt und Raster, Sujet und Geschwindigkeit bestimmen das scheinbar unvorhersehbare und zuweilen schwer deutbare Geheimnis eines Bildes, dessen Entwürfe dem Abfall einer Reproduktionsmaschine gleichen.Auch wenn die im Buch dokumentierten Sujets nur einen kleinen Einblick in die bisher geheimgehaltenen Arbeitsschränke und Archive des Künstlers geben, so ist es doch ein wesentlicher. Das Einzigartige des vorgelegten Bandes ist die tautologische Handhabung und Reflexion seines Entstehungsprozesses: Die Originalkopien wurden im gleichen Verfahren in ihrer ursprünglichen Größe reproduziert, geordnet und gebündelt. Erstmals ist so ein Künstlerbuch mit einer solchen Aura an Authentizität entstanden, so daß anhand dessen Walter Benjamins Essay »Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit« neu gelesen werden muß.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Staunend hat Rezensent Thomas Wagner dieses großformatige Künstlerbuch Sigmar Polkes als abermaligen Beweis für dessen "Lust an der Bildmetamorphose" betrachtet - seinen Informationen zufolge ein schwergewichtiges, "mittels präzisem Digitaldruck in hartem Schwarzweiß verfertigtes Kompendium von vierundzwanzig Sequenzen seiner Kopierkunst im Originalformat". Wagner sieht Polke darin allerlei gezeichnete, kopierte, gerasterte und manipulierte Vorlagen derart virtuos über das profane Belichtungsfenster eines Fotokopierers jagen, bis das "reproduktive Medium" derart heißlaufe, dass es "gleichsam Verrat an der Sache der Reproduktion übt" und auf wundersame Weise aus einer Kopie wieder ein Original entstehe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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