Produktdetails
- Verlag: Frederking & Thaler
- ISBN-13: 9783894056605
- ISBN-10: 3894056606
- Artikelnr.: 22507155
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Die Autorin Milda Drüke, die sich fernab von Zeitgeistreportagen in alternativen Weltreisen immer wieder aufmacht, "um die Natur von Meeren und Menschen zu erfahren", begibt sich in diesem Buch zu einem zweihundert Meilen vor dem Inselfestland Papua-Neuguineas gelegenen Eiland: Zufällig erfuhr sie von Panyata als Insel des legendären Kanubaums, wo man das Kunsthandwerk des melanesischen Bootsbaus nach alten Riten, Überlieferungen und Beschwörungsformeln, welche die Widerstandsfähigkeit des Gefährts im Sturm stärken sollen, praktiziert. Vier Monate lang nimmt die Autorin als Auftraggeberin eines Kanus - sie entlohnt die Kanubauer mit Fischkonserven namens "Solomon Blue" - am solidargemeinschaftlichen Inselalltag teil, studiert sie die Soziologie und allmählichen Erosionen der Tauschgesellschaft. In Gesprächen mit den Dorfältesten rekonstruiert Drüke lokale Märchen und Mythen etwa über den in seinem Innern roten Kanubaum und dessen Ursprung als Samenkorn im Schoß einer schwangeren Frau, deren Name Bebeta war. Der rituelle Kanubau und die damit verbundenen Interaktionen, Komplikationen und kulturellen Missverständnisse, die beinahe in einem Streik enden, stehen vordergründig im erzählerischen Fokus des Buchs. Vielmehr gibt das Leben auf Panyata aber der Autorin, die wegen ihrer ablaufenden Aufenthaltsgenehmigung immer wieder - kleingeistig, wie sie später erkennt - darum bangt, das Kanu je segeln zu sehen, Anlass zu Reflexionen über die Relativität von Zeit, über die Kulturgebundenheit von Träumen und Tabus, Privatsphäre und Öffentlichkeit und den in der teilnehmenden Beobachtung verlorengegangenen Paradiescharakter. Ohne die Einwohner Panyatas als edle Wilde zu stilisieren - im Mikrokosmos der Insel gibt es Eifersucht, patriarchalische Strukturen, Bildungsnotstand, Abhängigkeit von Zigaretten und Kautabak -, evoziert sie in meditativen Bilderbögen deren "kraftvolle Langsamkeit" und lernt mit "melanesischer Gelassenheit" eurozentrische Maßstäbe abzulegen. Dabei spricht sie auch über Rückkoppelungseffekte der Kolonialisierung, Missionierung und Zivilisierung auf den Clanzusammenhalt als Sozialversicherung und Fundament melanesischer Kultur: Milda Drüke überzeugt mit einem realistischen Sittengemälde und Porträts von Menschen, die im Zurückgeworfensein auf das Wesentliche von einem anderen Weltbild erzählen.
sg
"Solomon Blue. Bei den Inselbewohnern Papua-Neuguineas" von Milda Drüke. Frederking & Thaler Verlag, München 2007. 256 Seiten. Gebunden, 19,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Im Zentrum des Buches, das die Weltumseglerin Milda Düke über ihre Reise auf eine Insel in Papua-Neuguinea geschrieben hat, steht der von ihr selbst in Auftrag gegebene Bau eines Segelkanus, erklärt Hans Gasser. Ginge es allerdings nur um diesen Bootsbau und die geschäftlichen Verhandlungen darum, wäre das Buch nicht halb so interessant. Aber weil die Autorin immer tiefer in die Gesellschaft der Inselbewohner eindringt und feststellen muss, dass hier beileibe keine Idylle zu finden ist, erntet sie das Wolhwollen der Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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