In den blutigen Dekolonisierungskriegen kämpften nicht nur Soldaten aus Europa in der portugiesischen Armee. Erstmals wird die Geschichte der afrikanischen Soldaten im Dienste Portugals rekonstruiert.In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeichnete die Dekolonisation die politische Weltkarte neu. Nur Portugal widersetze sich dieser Entwicklung und versuchte als letzter europäischer Staat an großflächigen Kolonien festzuhalten. Jahrelang führten das konservativ-autoritäre Regime in Lissabon und die Unabhängigkeitsbewegungen in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau blutige Guerrillakriege. Dafür schickte die portugiesische Regierung nicht nur zahlreiche Soldaten aus Europa nach Afrika sondern rekrutierte auch im großen Stil Kämpfer in den Kolonien selbst. In der Erinnerungskultur und der Forschung wurde diese Gruppe der afrikanischen Soldaten, die auf portugiesischer Seite kämpften, bisher wenig beachtet. Nils Schliehe geht ihrer Geschichte nach und zeigt anhand von Archivquellen und Zeitzeugeninterviews, dass die afrikanischen Soldaten in den Dekolonisierungskriegen eine bedeutende Rolle spielten und etwa die Hälfte der portugiesischen Sicherheitskräfte in den Kolonien bildeten. Schliehe untersucht wie die afrikanischen Soldaten rekrutiert und eingesetzt wurden, und betrachtet das Verhältnis zu ihren europäischen Kameraden und die eigene Wahrnehmung. Abschließend nimmt er auch das Schicksal der afrikanischen Soldaten nach der Unabhängigkeit in den Blick.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ohne afrikanische Soldaten hätte die portugiesische Regierung die afrikanische Freiheitsbewegung nicht so lange bekämpfen können, lernt Rezensentin Carlota Brandis aus dem Buch von Nils Schliehe. Das thematisiert die afrikanische Dekolonisierung, aber auch die heutigen Verhältnisse auf dem Kontinent. Der Autor beschäftigt sich mit afrikanischen Soldaten, die in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau in den antikolonialen Befreiungskriegen auf Seiten der Portugiesen, also gegen andere Afrikaner kämpften. Detailliert geht Schliehe laut Brandis darauf ein, wie diese Soldaten angeworben wurden, wo und in welchen Verbänden sie kämpften und so weiter, ziemlich schwer zu überblicken ist das alles ob der diversen Kampftruppen gelegentlich, aber die Lektüre lohnt sich. Denn man erfährt zum Beispiel, warum in Angola, anders als in Guinea, die ehemaligen afrikanischen Kolonialsoldaten nicht bestraft, sondern von den neuen Mächtigen, die in ihre eigenen Konflikte verstrickt waren, umgarnt wurden. Auch beschäftigt sich Schliehe mit den Motiven der Soldaten, auf portugiesischer Seite anzuheuern, seiner Recherche zufolge hatte das vor allem ökonomische, nicht politische Gründe. Brandis glaubt das auch, wenn Schliehe allerdings meint, konkret berichten zu können, was in den Köpfen der Soldaten vorging, geht das der Rezensentin ein bisschen zu weit. Aber das bleibt ein kleiner Einwand in einer ansonsten klar positiven Besprechung.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»[Schliehe] stößt [...] in eine Wissenslücke, die all diejenigen, die versuchen, den großen Kontinent Afrika und dessen Entwicklungen besser zu verstehen, schließen sollten.« (Carlota Brandis, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.06.2025)







