Kaiser Konstantin (reg. 305-337) ist eine Schlüsselfigur der europäischen Religionsgeschichte. Häufig wird er als "Vater des christlichen Abendlandes" bezeichnet. Dieses Bild ist im Licht der jüngeren Forschung zu korrigieren. Im vorliegenden Buch wird ein anderes und neues Konstantinbild entwickelt, das Konstantin zwar nicht weniger christlich als bisher angenommen zeichnet, aber doch in seinem Christentum anders, als den zeitgenössichen Theologen lieb sein konnte und als es sich viele moderene Gelehrte vorstellten. Mit der "Sonne" (dem Sonnengott) als religiösem Leitbild gewinnt der Kaiser als typischer und prägender Exponent seiner Epoche, der Spätantike, an Profil. Und überraschend erweist sich diese Epoche dabei ganz aktuell: eine religionsplurale Gesellschaft, in der Raum war für originelle religiöse Suchbewegungen.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
In seiner Sammelbesprechung zu neuer Konstantin-Literatur kommt Stefan Rebenich etwas ausführlicher auf Martin Wallraffs Schrift "Sonnenkönig der Spätantike" zu sprechen. Der Basler Kirchenhistoriker sieht Konstantin fröhlich relativistisch. Rebenich findet das "gut so": Jede Zeit bekommt den Konstantin, den sie verdient, und da wir gerade die multikulturelle Phase durchmachen, sieht Wallraff in Konstantin weder den ersten christlichen Kaiser noch den letzten Heiden, sondern einen Herrscher, der sich eher zu einem abstrakten Monotheismus bekannte, der die Bildungselite und die "gesellschaftlichen Stakeholder" bediente, aber auch "solare Motive" und den "römisch-loyalen Staatskult" umfasste. Rebenich geht d'accord mit Wallraffs Deutung Konstantins als Sonnengott für eine religiös pluralistische Gesellschaft.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
