Spicilegia enthält die größtenteils unveröffentlichten handschriftlichen Aufzeichnungen Schopenhauers aus den Jahren 1837 bis 1852. Der Titel stammt von Schopenhauer selbst und bedeutet "Ährenlese". Es handelt sich in der Tat um die Ernte, die für die entscheidenden Frankfurter Jahre eingefahren werden konnte. So nah, unzensiert und ungeschützt wurden die Texte vorher noch nie präsentiert. Endlich wird das Netz der Bezüge sichtbar, das aus sämtlichen vorhandenen Manuskripten, Randbemerkungen zu eigenen Werken, Glossen zu Büchern anderer Autoren usw. besteht - ein veritabler Textkontinent, aus dem die gedruckten Werke wie Eisberge herausragen. Die vollständige Wiedergabe der überlieferten Manuskripte bietet damit die einzigartige Chance, Schopenhauer bei der "Arbeit des Denkens" über die Schulter zu schauen. Denn "hier ist Schopenhauers Denken in einem anderen Aggregatzustand greifbar: als suchende und existentiell engagierte Denkbewegung, die noch nicht im konstruktiven System geschlichtet und besänftigt ist" (Rüdiger Safranski).
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
"Jene wunderbare Vermehrung geistigen Brotes", die bereits durch den ersten Band der neuen Edition zu verzeichnen war, setzt sich laut Rezensent Ludger Lütkehaus im vorliegenden zweiten Band fort. Es geht um die "Spicilegia", die "Ährenlese" und viele viele Notizen auf dem Weg dahin, die diese Edition mitnimmt. Aus dem altersweisen, heiteren Schopenhauer, der die aktuelle Forschung dominiert, wird nun wieder ein "Stürmer und Dränger", konstatiert Lütkehaus und nimmt es dem Herausgeber Ernst Ziegler nicht übel, dass er den von Schopenhauer geforderten "Respekt vor dem Definitiven" nicht erbrachte und auch Vorläufiges und Skizzen mit aufnimmt. Brillant sei zudem das Geleitwort von Thomas Regehly, dem Archivar der Schopenhauer-Gesellschaft, der eben diesem "Vorletzte" und "Indefinitiven" bei Schopenhauer neue Erkenntnisse abtrotzt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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