Da ist der idealistische Landvermesser und Ingenieur Martin Petr, der aus Prag in die ferne Ostslowakei geht, um Bauern und Dörfer vor Überschwemmungen zu retten. Da ist Pavel, ein junger Mann, der den Älteren gern zuhört und schnell lernt; oder der Partisan Smoljak, der nach dem Verräter sucht, der seine ganze Familie den Nazis ausgeliefert hat (das war der sehr fromme Pfarrer); der pazifistische Holzfäller, der aus Kanada zurückgekommen ist und im Dorf als 'Arzt' sowohl für Menschen wie für Tiere zuständig ist, aber bald verhaftet wird; es sind Frauen, die endlich aus den bäuerlichen…mehr
Da ist der idealistische Landvermesser und Ingenieur Martin Petr, der aus Prag in die ferne Ostslowakei geht, um Bauern und Dörfer vor Überschwemmungen zu retten. Da ist Pavel, ein junger Mann, der den Älteren gern zuhört und schnell lernt; oder der Partisan Smoljak, der nach dem Verräter sucht, der seine ganze Familie den Nazis ausgeliefert hat (das war der sehr fromme Pfarrer); der pazifistische Holzfäller, der aus Kanada zurückgekommen ist und im Dorf als 'Arzt' sowohl für Menschen wie für Tiere zuständig ist, aber bald verhaftet wird; es sind Frauen, die endlich aus den bäuerlichen Traditionen ausbrechen wollen; es sind (zu Recht) misstrauische und sture Bauern, die Agitatoren mit Knüppeln vom Hof treiben; stalinistische und korrupte Funktionäre, die mit allen Mitteln ihre Macht sichern; es sind Säufer, Marodeure, versprengte Soldaten - ein wildes Panoptikum unterschiedlichster Biographien und Interessen, das sich aber im Laufe des Romans zu einer einzigen und unausweichlichen Erkenntnis bündelt.Der Roman basiert auf einer langen Recherche für einen Spielfilm, den Klíma über die Entwicklung des Sozialismus in der Ostslowakei, einer völlig unterentwickelten, armen und weithin unbekannten Region zwischen Polen, der Ukraine und Ungarn, mitgestalten sollte. Der Film durfte nicht produziert werden, seine Notizen und Erlebnisse verarbeitete Klíma zu einem Roman, der die Zeit vom Kriegsende bis Anfang der fünfziger Jahre umspannt.Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
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Autorenporträt
Ivan Klima, 1931 in Prag geboren und als Kind drei Jahre im KZ Theresienstadt, studierte nach dem Krieg Literaturwissenschaft, wurde Anfang der sechziger Jahre Redakteur der später verbotenen Zeitschrift Literáni noviny, wo er sich für regimekritische tschechische Autoren und für die Rezeption von Capek, Kafka, Hemingway und Dürrenmatt einsetzte. 1967 hielt er auf dem legendären Schriftstellerkongress in Prag ein flammendes Plädoyer für die Freiheit der Kunst und gegen die Zensur, wurde entlassen und mit Publikationsverbot belegt. Seine Bücher und Theaterstücke erschienen fortan nur im Westen und wurden erfolgreich in 31 Sprachen übersetzt. In den USA und in der Bundesrepublik war Klíma in den neunziger Jahren immer wieder auf den Bestsellerlisten. Erst nach der Wende 1989 konnte er auch in Tschechien verlegt werden. Zu seinen bekanntesten Romanen zählen 'Richter in eigener Sache', 'Liebe und Müll', 'Liebesgespräche', 'Warten auf Dunkelheit, Warten auf Licht' und zuletzt seine Eri
nnerungen 'Moje sílené století' (Mein verrücktes Jahrhundert), Praha 2010. Maria Hammerich-Maier, geb. 1961 in Korneuburg, Niederösterreich, Studium der Slawistik und Germanistik, 1988 bis 1995 Hochschullehrerin an der Universität Wien und der TU Prag. 1995 bis 2000 Leiterin einer Agentur für Wissenschaftsförderung. Lebt als Publizistin, Rundfunkjournalistin und Übersetzerin in Prag und Oberfranken.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Mit Ivan Klimas im Jahre 1963 erstmals veröffentlichtem und nun auch auf Deutsch übersetzten Roman "Stunde der Stille" hat Rezensentin Alena Wagnerova ein meisterhaftes Buch über die Mechanismen der Veränderung von "Idealen in eine Ideologie" gelesen. Erzählt wird die Geschichte des Landvermessers Martin Petr, der sich, nachdem seine Verlobte als Widerstandskämpferin im KZ ermordet wurde, entschließt, in einem ostslowakischen Dorf nach dem Zweiten Weltkrieg für eine bessere Zeit zu kämpfen. Er erlebt dort zwischen Toten und Ruinen nicht nur arme und ungebildete Menschen, sondern muss nach der Teilnahme an einer "demütigenden Prozedur", in der die Bauern gezwungen werden, der Bauerngenossenschaft beizutreten, auch resigniert feststellen, dass er seine Ideale verrät und zum Mitläufer wird. Die Kritikerin lobt nicht nur die eindringlich geschilderten Figuren, sondern würdigt diesen in einzelnen Episoden erzählten Roman insbesondere als "hochmoderne literarische Erzählung".