Einblicke in das verborgene Leben des englischen Landadels
Das düstere Hochmoor von Yorkshire bietet immer wieder eine die Phantasie anregende landschaftliche Kulisse für allerlei Kriminalstücke, aber auch für Geheimnisumwobene Familiengeschichten oder mystische Abenteuer. Das hatte vermutlich
auch schon die Autorin vor weit über einhundert Jahren erkannt und diese Gegend als Spielort ihrer…mehrEinblicke in das verborgene Leben des englischen Landadels
Das düstere Hochmoor von Yorkshire bietet immer wieder eine die Phantasie anregende landschaftliche Kulisse für allerlei Kriminalstücke, aber auch für Geheimnisumwobene Familiengeschichten oder mystische Abenteuer. Das hatte vermutlich auch schon die Autorin vor weit über einhundert Jahren erkannt und diese Gegend als Spielort ihrer Familiengeschichte gewählt.
Sie erzählt in einem geradezu unaufgeregten Stil von den teilweise kaum nachvollziehbaren gefühllosen und gefühlvollen Ereignissen zweier sehr unterschiedlicher Häuser und deren Bewohner beziehungsweise Eigentümer in der viktorianischen Zeit.
Dabei schreibt sie tiefgründig über das Wesen und die Empfindungen ihrer handelnden Figuren, deckt die dunklen Seiten der weißwestigen Menschen auf und glänzt durch ihre authentische Erzählform, die einerseits den Städter Lockwood, neuer Pächter von Thrushcross Grange sowie die Haushälterin Nelly Dean zu Wort kommen lässt. Innerhalb deren ausführlichen Berichterstattung sprechen weitere handelnde Personen. Das sorgt für eine stets emotionale Dichte der Vorkommnisse, wenngleich die Vorkommnisse oftmals ausgesprochen langatmig werden.
So richtig spannend wird das Buch nie, auch wenn die Erfahrungen von Intrigen, Erniedrigung, Liebe und Verachtung durchaus einiges an aufregender Empathie erzeugen. Dabei ist es den gesamten Roman hindurch unmöglich, sich auf irgendeine Seite der Handelnden zu schlagen, zu diffizil sind die Hintergründe für deren Vorgehen. Das gehört zu den Besonderheiten des Buches, das jegliche Bewertung der Vorgänge offen und somit der Leserin beziehungsweise dem Leser überlässt. Das ist ein mutiges und interessantes Wagnis der Autorin.
„Sturmhöhe“ ist ein für die Entstehungszeit stark gesellschaftskritisches Buch über die Verletzungen und Sehnsüchte von Menschen. Auch wenn es für die heutige Lesegewohnheit eher langatmig und „still“ daherkommt, so beeindruckt aber nach wie vor die sprachliche Qualität und die Erzählkunst der Emily Bronte nach wie vor.
© 10/2006, Uli Geißler, Freier Journalist, Fürth/Bay.