»Ihr sollt jede Stunde meines Lebens kennen« das schreibt Cosima von Bülow, später Cosima Wagner, auf die erste Seite ihres Tagebuchs, das am 1. Januar 1869 beginnt. Sie wendet sich an ihre Kinder. Noch ist Richard Wagner »der Freund«, »der Geliebte«. Von ihm, seinem Werk und dem gemeinsamen Leben handeln die Tagebücher, die am 12. Februar 1883, einen Tag vor Richards Tod in Venedig, enden. Jedes Ereignis im Leben Wagners, jede Begegnung mit bedeutenden Zeitgenossen, jedes Gespräch wird festgehalten. Als die Tagebücher 1976/77 in zwei Bänden erstmals erscheinen konnten, wurde die Edition als »kulturhistorische Sensation« (Hanjo Kesting) gefeiert. Die Auswahl folgt der Ausgabe von Dietrich Mack und Martin Gregor-Dellin. Brigitte Hamann, die Biographin von Cosimas Schwiegertochter Winifred, würdigt die Bedeutung der Tagebücher in ihrem Vorwort.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Christine Lemke-Matwey stellt sich Cosima Wagner ungefähr so vor wie ihre Urenkelin Nike, zumindest heißt es, dass sich beide sehr ähnlich sähen: "Zwei Wagnersche Windbräute, zwei Geistfrauen, zwei Feenwesen, von denen man nie so genau weiß, ob sie nun gut oder böse sind", gibt die Rezensentin ihrer Faszination Ausdruck. In dieser Auswahl aus Cosima Wagner Tagebücher stelle sich dagegen eher ein papierner Eindruck her, meint die Rezensent enttäuscht, auch wenn sie zugibt, dass sich fünftausend Seiten Tagebuch nicht leicht auf ein Fünftel reduzieren lassen. Doch hier stehen "Tapezier-Ungeschicklichkeiten" mit gleichem Gewicht neben Felix Mendelssohn oder Richard Wagners Venezianischen Krämpfen. Zudem moniert Lemke-Matwey, dass sich die beiden Herausgeber allzu sehr mit Kommentaren zurückgehalten hätten. Wer nicht bereits viel über Wagners Konflikte weiß, Bayreuth nicht kennt und den gesamten "Ring" nicht im Ohr hat, der wird, warnt die Rezensentin, "viel Mühe" darauf verwenden müssen, sich ein "halbwegs stimmiges Puzzle zusammenzubasteln".
© Perlentaucher Medien GmbH
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