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  • Broschiertes Buch

Produktdetails
  • Verlag: Verlag der Nation
  • Seitenzahl: 167
  • Erscheinungstermin: Herbst 2006
  • Deutsch
  • Abmessung: 205mm
  • Gewicht: 228g
  • ISBN-13: 9783373005247
  • ISBN-10: 3373005248
  • Artikelnr.: 20892705
  • Herstellerkennzeichnung
  • Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.08.2007

Menschenjagd
Das Maueropfer Günter Litfin

Eintausend Menschen etwa sind zwischen 1945 und 1989 umgekommen beim Versuch, vor den kommunistischen Machthabern in Ostdeutschland über die Westgrenze zu flüchten: erschossen, ertrunken, im Minenfeld verblutet . . . Einem getöteten Flüchtling ist nun - 18 Jahre nach dem Mauerfall - ein Buch gewidmet: Der 24 Jahre alte Günter Litfin wurde elf Tage nach dem Mauerbau in Berlin erschossen, am 24. August 1961. Tags zuvor stand im SED-Zentralorgan "Neues Deutschland": "Und was die ,Landsleute' angeht, auf die wir ,nicht schießen' sollen: Seit wann sind Einbrecher, Strauchdiebe und Mörder, Landsleute'? . . . Die Feinde unseres Volkes beißen bei uns auf Granit und lassen - je nachdem, wie frech sie es treiben - Zähne, Haare oder das Leben."

Günter Litfins jüngerer Bruder Jürgen hat Leben und Sterben des ersten Maueropfers und die Geschichte seiner Familie anschaulich erzählt und von der Journalistin Annette Vogel aufschreiben lassen, in einer schönen schlichten und klaren Sprache, die berührt. Das ist zunächst die Geschichte einer Kindheit und Jugend im Berlin der vierziger und fünfziger Jahre, einer Jugend, deren Drängen und Aufbegehren mit dem Mauerbau jäh beendet wurde. So wird Günter Litfin dem Leser bis zur Schilderung seines Fluchtversuchs nahegebracht. Zahlreiche Fotos illustrieren die Erzählung. Jürgen Litfin beschreibt auch den schweren Weg zurück in den Alltag nach der Ermordung seines Bruders. Ein homosexueller Verbrecher sei dieser gewesen, eine "kriminelle Gestalt", ein "finsteres Element", das "unsere Grenze gewaltsam durchbrechen wollte und dabei umkam", war im "Neuen Deutschland" zu lesen. "Wer aber das Licht scheut, muss damit rechnen, dass ihm auf den dunklen, verbotenen Wegen, die er eingeschlagen hat, etwas passiert." Die Drohung war deutlich, gleichwohl wagten auch nach dem 13. August 1961 Tausende die Flucht über Stacheldraht und Mauer. Zwanzig Jahre nach dem Tod seines Bruders siedelte Jürgen Litfin 1981 mit seiner Familie nach West-Berlin über, nach jahrelangem Ausreisebegehren und einer Inhaftierung aus politischen Gründen. Auch davon handelt das Buch. Als man 1997 vor dem Landgericht Berlin gegen den Todesschützen im Fall Litfin verhandelt, wird Jürgen Litfin nicht einmal informiert. 18 Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, lautet das Urteil, wegen Totschlags in einem "minder schweren Fall".

ROMAN GRAFE

Jürgen Litfin: Tod durch fremde Hand. Das erste Maueropfer in Berlin und die Geschichte einer Familie. Verlag der Nation, Husum 2007. 168 S., 9,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht kalt gelassen hat Roman Grafe dieses Buch über Günter Litfin, der elf Tage nach dem Mauerbau in Berlin am 24. August 1961 bei einem Fluchtversuch erschossen wurde. Sein Bruder Jürgen Litfin hat die Geschichte Günters und seiner Familie der Journalistin Annette Vogel erzählt, die sie dem Leser nach Einschätzung Grafes in einer "schönen schlichten und klaren Sprache" nahe bringt. Neben Günters Kindheit und Jugend im Berlin der vierziger und fünfziger Jahre und den Fluchtversuch hat er dabei auch einiges über die Hetze des "Neuen Deutschland" gegen den Republikflüchtling erfahren sowie über die Schwierigkeiten der Familie bei Übersiedlung nach West-Berlin 1981 nach jahrelangem Ausreisebegehren.

© Perlentaucher Medien GmbH