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1940 fand im Moskauer Bolschoj-Theater eine Aufführung statt, die als ein kultureller Höhepunkt des Hitler-Stalin-Pakts gedacht war: Richard Wagners Walküre in der Inszenierung von Sergej Eisenstein. Dank dessen subversiver Kraft wurde daraus kein faschistisch-kommunistisches Stelldichein, sondern ein Ereignis, in dem sich die großen politisch-ästhetischen Konfliktlinien der Moderne abzeichnen. Dieser irrlichternden Begegnung von Wagner und Eisenstein widmet Dieter Thomä einen großen Essay, in dem er jene Konfliktlinien bis in die Gegenwart fortzeichnet. Behandelt wird der Hang zum…mehr

Produktbeschreibung
1940 fand im Moskauer Bolschoj-Theater eine Aufführung statt, die als ein kultureller Höhepunkt des Hitler-Stalin-Pakts gedacht war: Richard Wagners Walküre in der Inszenierung von Sergej Eisenstein. Dank dessen subversiver Kraft wurde daraus kein faschistisch-kommunistisches Stelldichein, sondern ein Ereignis, in dem sich die großen politisch-ästhetischen Konfliktlinien der Moderne abzeichnen. Dieser irrlichternden Begegnung von Wagner und Eisenstein widmet Dieter Thomä einen großen Essay, in dem er jene Konfliktlinien bis in die Gegenwart fortzeichnet. Behandelt wird der Hang zum Gesamtkunstwerk ebenso wie der Ausgriff auf die politische »Totalität«. Doch findet sich bei Wagner und Eisenstein auch eine zarte Geste zur Rettung des Individuellen: eine kleine Verteidigung des »Mitleids«. So wird aus der historischen Trouvaille ein überraschend aktueller Kommentar zu einem Grundkonflikt der Moderne: dem Verhältnis zwischen Individuum und Allgemeinheit.
Autorenporträt
Dieter Thomä, geboren 1959, ist emeritierter Professor für Philosophie an der Universität St. Gallen.1996 erhielt er den Joseph-Roth-Preis für internationale Publizistik (Preis für Essayistik). Sein Buch Puer robustus stand 2017 auf der Shortlist des Tractatus-Preises.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Gerhard R. Koch zollt dem Autor Respekt. "Nicht unvermint" sei das Gelände, das Dieter Thomä mit seiner Revision Wagners und Eisensteins betrete. Thomäs Ansatz, ausgehend von film-, musik und theaterwissenschaftlichen Überlegungen, von ästhetischer Theorie und politischer Ideengeschichte zu ethischen Aussagen zu gelangen, folgt Koch mit Interesse. Plausibel findet er Thomäs Ansatz, die "dynamische Interaktion" im Wagnerschen Gesamtkunstwerk und die Montagetechniken Eisensteins als Möglichkeit aufzufassen, eine widersprüchliche Totalität zu kreieren und so ethisch-ästhetische Prozesse in Gang zu setzen. Überwältigt zeigt sich Koch zudem von der schieren Informationsfülle, vor deren Hintergrund Eisenstein als Kommunikator der Konflikte seiner Zeit erscheint.

© Perlentaucher Medien GmbH