Mircea Cartarescu, einer der großen europäischen Schriftsteller der Gegenwart, gehört zu den begnadeten Visionären und Sprachkünstlern der Literatur. Sein frühes Meisterwerk Travestie, ein Adoleszenz- und Künstlerroman, erzählt von der Suche eines jungen Menschen nach sich selbst. Der sensible, verschlossene Victor könnte ein Geschöpf von Marcel Prousts sein, so rauschhaft erfährt er die Welt, die ihn im krisenhaften Sommer 1973 umgibt: das Guthaus in Budila, wo er mit seinen Mitschülern die Ferien verbringt, den geheimnisvollen Park und das "Tal des Paradieses".Doch dieser kleine Kosmos bevölkert sich nachts mit den Gespenstern, die aus den Katakomben seines Bewußtseins aufsteigen. Die dreiste sexuelle Berührung seines Mitschülers "Lulu", der sich beim Abschiedskarneval als Frau verkleidet hat, stößt ihn in eine Krise, die er erst nach vielen Jahren, buchstäblich auf der letzten Seite der "Travestie" überwunden hat.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Andreas Breitenstein feiert Mircea Cartarescus Adoleszenzroman "Travestie" aus dem Jahr 1994 geradezu hymnisch als frühes Meisterwerk und preist den rumänischen Autor als Säule der europäischen Literatur. Ein Ich-Erzähler erinnert sich darin an eine Klassenfahrt von 1973, bei der sich der 17-jährige Gymnasiast in einen geradezu psychotischen Wahn hineinsteigert und ein sexuelles Trauma erlebt, das ihn letztlich zum Dichter macht, erfahren wir. Breitenstein ist fasziniert von den halluzinatorischen Bildern, der atmosphärischen Dichte und der poetischen Kraft dieses Höllentrips in die Niederungen der Pubertät, und er bewundert die dichterischen Funken, die Cartarescu aus diesem in Romantik und Expressionismus so gründlich beackerten Feld zu schlagen vermag. Zudem glaubt der Rezensent, noch nie so "drastisch" über Hermaphroditismus gelesen zu haben, der die Wurzel dieses Jugend- und Künstlerdramas bildet, das ihn tief in den "Schlund vulkanischer Gefühle" riss. Dieser Roman bestärkt Breitenstein in seinem Glauben an den "heiligen Furor der Poesie".
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Kein deutscher Autor schreibt so: sprachmächtig, sprachverliebt, tief tauchend, heftig träumend. Die wilde Üppigkeit seiner Sprache übt keine Zurückhaltung und erlaubt keine gefällige Ironie.« Katharina Döbler DIE ZEIT 20110303







