Germaine de Staël (1766-1817) - oder Madame de Staël, wie sie in der Literaturgeschichte genannt wird – galt als eine der geistvollsten Frauen ihrer Zeit und war eine wichtige Vermittlerin deutscher Literatur und Philosophie in Frankreich. Die Tochter des französischen Finanzministers Jacques Necker
war die Fürstin der Pariser Salons. Sie publizierte philosophische Abhandlungen und Romane. Berühmt…mehrGermaine de Staël (1766-1817) - oder Madame de Staël, wie sie in der Literaturgeschichte genannt wird – galt als eine der geistvollsten Frauen ihrer Zeit und war eine wichtige Vermittlerin deutscher Literatur und Philosophie in Frankreich. Die Tochter des französischen Finanzministers Jacques Necker war die Fürstin der Pariser Salons. Sie publizierte philosophische Abhandlungen und Romane. Berühmt wurde sie in Deutschland vor allem durch ihr Buch „De l'Allemagne - Über Deutschland“, das für lange Zeit das Deutschlandbild der Franzosen prägte. Das dreibändige Werk wurde erstmals 1813 in England veröffentlicht.
Aus Anlass des 200jährigen Jubiläums ist im Reclam Verlag eine Auswahl erschienen, die etwa zwei Fünftel des gesamten Textes wiedergibt. Die knapp 400 Seiten beinhalten aber die wesentlichen Teile des Werkes und werden außerdem mit zeitgenössischen Bildern illustriert.
Nach ihrer anfänglichen Begeisterung für Napoleon hatte Germaine de Staël in ihm den kommenden Diktator und Tyrannen gewittert. Dieser verbannte daraufhin die Baronin aus Paris und zwang sie ins Exil. So unternahm sie von 1803 bis 1804 eine erste ausgedehnte Deutschlandreise, die sie vor allem durch Nord- und Mitteldeutschland führte. Die erste Begegnung mit dem Land und den Bewohnern jenseits des Rheins war für sie jedoch enttäuschend. Die Menschen erschienen ihr als vulgär, humorlos und phlegmatisch.
Diese Ansicht änderte sich erst grundlegend, als sie am Weimarer Hof die persönliche Bekanntschaft Goethes, Schillers, Wielands und Schlegels machte. Den Winter 1807/08 verbrachte die Verbannte nochmals im deutschen Kulturgebiet: diesmal im Süden. Diese zweite Reise (mit der Zwischenstation Wien) endete wieder in Weimar. Schiller war aber inzwischen verstorben.
Trotz ihres besonderen Interesses für Kunst nahm Germaine de Staël während ihrer beiden Deutschlandreisen einiges überhaupt nicht wahr. So bemängelte sie die deutsche Musik und Bildhauerkunst, ohne von Beethoven, Rauch oder Schadow Notiz zu nehmen. Aber abgesehen von einiger Kritik schrieb sie über die Deutschen insgesamt recht freundlich.
Mit der Reclam-Auswahl hat der Leser nun die Möglichkeit, einen Einblick in das Deutschlandbild der Madame de Staël zu gewinnen. Lobenswert ist dabei, dass die Übersetzung aus dem Jahr 1882 nur behutsam modernisiert wurde, sodass das von der Klassik geprägte Sprachgefühl weitgehend erhalten blieb. Außerdem gibt die Herausgeberin Sigrid Metken in ihrer ausführlichen Einleitung nicht nur ein Porträt von Madame de Staël, sondern schildert auch detailliert die Entstehungsgeschichte ihres Deutschlandbuches.