In diesem Band wird jene heute breitgeführte Diskussion fortgesetzt, die sich im Rahmen der politischen Philosophie mit dem Begriff der Anerkennung und seinem Verhältnis zur Gerechtigkeitstheorie beschäftigt. Nancy Fraser vertritt die These, daß eine politisch-philosophische Konzentration auf die Anerkennungsbegrifflichkeit die Folge hat, die nach wie vor brisanten Umverteilungsfragen in den Hintergrund treten zu lassen; demgegenüber möchte Axel Honneth zeigen, daß sich Fragen der Verteilungsgerechtigkeit normativ besser klären lassen, wenn sie im Rahmen eines hinreichend ausdifferenzierten…mehr
In diesem Band wird jene heute breitgeführte Diskussion fortgesetzt, die sich im Rahmen der politischen Philosophie mit dem Begriff der Anerkennung und seinem Verhältnis zur Gerechtigkeitstheorie beschäftigt. Nancy Fraser vertritt die These, daß eine politisch-philosophische Konzentration auf die Anerkennungsbegrifflichkeit die Folge hat, die nach wie vor brisanten Umverteilungsfragen in den Hintergrund treten zu lassen; demgegenüber möchte Axel Honneth zeigen, daß sich Fragen der Verteilungsgerechtigkeit normativ besser klären lassen, wenn sie im Rahmen eines hinreichend ausdifferenzierten Anerkennungskonzeptes reformuliert werden. Die durch diese Entgegensetzung gekennzeichnete Fragestellung wirft eine Reihe von politischen, gesellschaftstheoretischen und normativen Fragen auf, die in diesem Band kontrovers behandelt werden.
Axel Honneth, geboren 1949, ist Jack C. Weinstein Professor of the Humanities an der Columbia University in New York. 2015 wurde er mit dem Ernst-Bloch-Preis, 2016 für Die Idee des Sozialismus mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch ausgezeichnet. 2021 hielt er in Berlin seine vielbeachteten Benjamin-Lectures zum Thema des Buches Der arbeitende Souverän. Nancy Fraser, geboren 1947 in Baltimore, ist Henry A. and Louise Loeb Professor of Political and Social Science und Professorin für Philosophie an der New School for Social Research in New York.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Andreas Cremonini hat diesen Band über Gerechtigkeit im Spannungsfeld zwischen Umverteilung und Anerkennung mit großem Interesse gelesen. Seiner Ansicht nach haben die in dem Buch enthaltenen vier Texte nach "gut philosophischer Tradition" das Große, Ganze im Blick. Fraser verlange eine "Theorie sozialer Gerechtigkeit", die sowohl die marxistische Forderung nach Umverteilung, als auch die nach "Anerkennung" kultureller Verschiedenheit berücksichtige, fasst der Rezensent zusammen. Die Autorin hält "paritätische Partizipation" an den Entscheidungsprozessen der Gesellschaft über Gerechtigkeit für unumgänglich, so der Rezensent, der anerkennt, dass sich dies in "realpolitischen Konfliktszenarien" auch als nützlich erweisen könnte. Allerdings kann er auch die Kritik Honneths nicht von der Hand weisen, der anmerkt, dass Fraser die "sozialen Pathologien" der Gesellschaft in ihrer These nicht ausreichend berücksichtigt und damit Gefahr läuft, "unkritisch herrschende politische Ausschluss- und Verwerfungsmechanismen" zu übernehmen. Allerdings findet der Rezensent, dass die "fundamentalphilosophischen Darlegungen des Autors hier durchaus etwas "weltfremd" wirken. Am Ende der Lektüre beschleicht den etwas erschöpft wirkenden Cremonini der "Verdacht", dass in diesem Buch die äußerst kenntnisreichen Kontrahenten sich "auf hohem Niveau und mit rhetorischem Pathos aneinander vorbeibewegen".