Glaubt man den deutschen Leitmedien, ist das Urteil über Ungarn schnell gefällt. Aber handelt es sich bei dem von Viktor Orbán regierten Land wirklich um eine Halbdiktatur voller Korruption? Ein knappes Jahr lang begab sich der Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt vor Ort auf Spurensuche. Welche geschichtlichen Ereignisse prägten das Land und seine Eliten? Wie funktioniert das politische System und wie sind die Positionen in der hitzigen Debatte um den heutigen Charakter Ungarns begründet? Patzelt schließt die Lücke zwischen bloßen Wahrnehmungen und wirklichem Wissen. Wer sich ein fundiertes Urteil über Ungarn bilden möchte, kommt an diesem Buch nicht vorbei.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Man sollte bei diesem Buch schon im Vorwort genau hinschauen, empfiehlt Niklas Zimmermann, denn dort wird erwähnt, dass der Autor Werner Patzelt 9 Monate lang am Budapester Mathias Corvinus Collegium als "Senior Fellow" unterwegs war. Es handelt sich dabei, führt Zimmermann aus, um einen elitären Think Tank, der dem ungarischen Fidesz-Ministerpräsident Viktor Orbán zuarbeitet, und entsprechend tendenziös liest sich dieses Buch. Solange Patzelt historische Fakten zum Beispiel hinsichtlich Orbáns Wandlung vom Liberalen zum Konservativen aufarbeitet, konzediert Zimmermann, ist das noch einigermaßen satisfaktionsfähig, aber insgesamt wird deutlich, dass es dem Autor vor allem darum geht, den ungarischen Politiker einem bürgerlichen Publikum in Deutschland schmackhaft zu machen. Das zeigt sich zum Beispiel, führt der Rezensent aus, in der Bewertung von Figuren wie dem angeblich zu Unrecht im Westen geschätzten Gyula Horn, vor allem aber in der Art und Weise, wie Zimmermann vorgibt, die finale Beurteilung Orbáns seinen Lesern zu überlassen, tatsächlich aber sogar die korrupten Strukturen des Landes als Beitrag zur Unabhängigkeit Ungarns verteidigt. Hinter der Rhetorik des Abwägens steckt, da ist sich Zimmermann sicher, in erster Linie Propaganda.
© Perlentaucher Medien GmbH
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