Als erster Band einer Trilogie rund um den Nationalsozialismus spielt ‚Uns führt der Mut‘ in den Jahren 1932 und 33. Die erzählte Zeit umfasst eine Spanne von etwas mehr als einem halben Jahr und endet mit der Ernennung Hitlers als Reichskanzler.
Die Autorin versteht es auf äußerst gekonnte
Weise, historische Themen in ansprechender Romanform zu verpacken. Die Erzählung fängt die vorherrschende…mehrAls erster Band einer Trilogie rund um den Nationalsozialismus spielt ‚Uns führt der Mut‘ in den Jahren 1932 und 33. Die erzählte Zeit umfasst eine Spanne von etwas mehr als einem halben Jahr und endet mit der Ernennung Hitlers als Reichskanzler.
Die Autorin versteht es auf äußerst gekonnte Weise, historische Themen in ansprechender Romanform zu verpacken. Die Erzählung fängt die vorherrschende politische Stimmung gut ein und legt in einfach zu folgenden Gedanken die Strukturen von Radikalisierungstendenzen in Umschwungszeiten und Zeiten des Mangels dar, ohne dass das Buch trocken oder gar langatmig zu lesen wäre.
Der Plot legt ein angenehm ruhiges Tempo vor, sodass man gut in die Geschichte hineinfinden und die einzelnen Personen kennenlernen kann. LeserInnen benötigen kein besonderes historisches Vorwissen, um voll in die Handlung eintauchen zu können. Zusätzlich bereichern anschauliche Beschreibungen von Orten und historischen Gepflogenheiten, sowie kunstgeschichtliche Details das Lesevergnügen rund um die Otto Kaiser AG.
Die Kaisers sind eine total sympathische Familie mit Gemeinschaftssinn, gelebtem Glauben und klaren Werten, die vor allem beim Patriarchen und der Protagonistin Emma zum Vorschein kommen. Der präsente Glaubensbezug hat mir insgesamt sehr gut gefallen, da dieser nicht nur unscheinbar im Hintergrund hängt, sondern mit klaren theologische Aussagen in Erscheinung tritt und die Geschichte enorm bereichert.
Emma mochte ich wirklich sehr gerne und konnte mich so gut mit ihren Wünschen und Zweifeln identifizieren: Sie ist eine ganz und gar aufgeweckte und liebevolle Hauptperson mit hohen Ansprüchen an sich selbst und inspirierenden Gedankengängen. Das Verhalten ihrer Schwester Ilse hingegen war mir häufig unsympathisch. Dennoch lies sich gut erahnen, wie gebrochen diese ist und wie sehr sie mit ihrem Selbstwert kämpft.
Sehr positiv fand ich, dass die sich entwickelnde(n) Liebesgeschichte(n) nicht platt und von Anfang an vorhersehbar ablaufen, sondern die einzelnen Charaktere vielschichtige Facetten haben und mit den zahlreichen Nuancen der menschlichen Natur dargestellt werden, sodass man nicht direkt einen klaren ‚guten‘ Favoriten vs. einen ‚schlechten‘ Kandidaten ausfindig macht. Das selbe lässt sich für die ausgefeilte Darstellung der politisch agierenden Romanpersonen sagen: hier hat es die Autorin ebenfalls geschafft, Motivation und Dynamik vom Mitläufertum bis zum überzeugten Radikalisten differenziert darzustellen, ohne Stereotype zu schaffen.
Durch die einfühlsame und klare Aufarbeitung der Inhalte trägt der Roman zur Aufklärung bzgl. unglaublich wichtiger Themen wie Antisemitismus bei und ist damit weiterhin von brandaktueller Relevanz. Aufgrund des hohen Bildungsgehalts kann ich mir den Roman auch gut als Lektüre für SchülerInnen vorstellen - ich konnte auf jeden Fall viel aus dem mit kraftvollen Aussagen durchzogenen Werk mitnehmen. Dadurch wird ‚Uns führt der Mut’ zu meinem neuen Favoriten unter den Barron-Büchern :). Am liebsten hätte ich direkt den nächsten Teil weitergelesen! Auch wenn die Geschichte gut für sich alleine zu lesen ist und ohne dramatischen Cliffhanger endet, macht sie definitiv Lust auf mehr.
CN: gestörtes Essverhalten/Bulimie, Zwangsprostitution/sexualisierte Gewalt, Dissoziation/Depersonalisation/PTBS, Rassismus/Antisemitismus