Die Vielfalt nationaler Entwicklungen im Sozialwesen sowie die daraus resultierenden Modelle wohlfahrtsstaatlicher Traditionsbildung werden in sechs eigenständigen, vergleichend aufgebauten Studien zur Sowjetunion, den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Schweden, Frankreich und Deutschland nachgezeichnet. Vergleichsdimensionen sind: das Verhältnis von Staat und Gesellschaft, Wirtschaftssystem und industrielle Beziehungen, Leitprobleme der jeweiligen Sozialpolitik, Einkommenssicherungssysteme und soziale Dienste. Das Werk stellt eine ergänzte Version der im Rahmen der Geschichte der Sozialpolitik seit 1945, Bd. 1: Grundlagen der Sozialpolitik (2001) erschienenen Abhandlung dar und eignet sich auch als Einführung in diese komplexe Materie.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Die Regeln der Ökonomie diktieren nach Ansicht von Rezensent Thomas Schramme heute die Form des Gemeinwesens. Dass dies einmal anders war, zeige Franz-Xaver Kaufmanns Vergleich von Wohlfahrtsstaaten, wie der beeindruckte Schramme erklärt. Ohne den Leser mit Zahlen und Statistiken zu langweilen, schildere Kaufmann im historischen Überblick die institutionellen Entwicklungen in Großbritannien, Frankreich, Schweden und schließlich Deutschland, wobei die USA und die Sowjetunion als Kontrastfolie gegenüber den europäischen Varianten des Wohlfahrtsstaats dienten, lobt Schramme. Er hebt hervor, dass sich Kaufmann vor allem für die historischen Prägungen und nationalen Eigenheiten interessiert und auf die kulturelle Dimension der Sozialpolitik aufmerksam macht. Auffällig am deutschen Sozialstaat sei etwa die große historische Kontinuität, die Kaufmann mit dem gesellschaftlich vorherrschenden Konsens erkläre, wonach sozialpolitische Eingriffe prinzipiell als legitim gelten, solange sie marktkonform bleiben. Bei der Lektüre des Buches überkommt einen laut Schramme eine "wachsende Missstimmung" gegenüber der aktuellen politischen Debatte in Deutschland. Deutlich werde nämlich, dass einige Vorschläge zur Reform des deutschen Sozialstaats angebliche Sachzwänge vorschieben, "wo doch in Wirklichkeit spezifische Interessen vorherrschen".
© Perlentaucher Medien GmbH
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