3. Auflage des jahrelang vergriffenen StandardwerksSobibór, im ehemaligen Kreis Lemberg, im heutigen Ostpolen gelegen, war neben Belzec und Treblinka eines der drei Vernichtungslager der 'Aktion Reinhardt' - der detailliert geplant und durchgeführten Vernichtung von über eineinhalb Million europäischer Juden. Allein in Sobibór wurden von Mai 1942 bis zum Oktober 1943 annähernd 250.000 Juden ermordet. Hier begann im Juli 1943 eine jüdische Untergrundgruppe, einen Aufstand zu planen. Als im September 1943 eine Gruppe sowjetisch-jüdischer Kriegsgefangene nach Sobibór verlegt wurden, übertrugen die Häftlinge diesen das Kommando für ihre Aufstandspläne. Bei der Revolte wurden zwölf SS-Männer getötet, etwa 300 Häftlinge konnten fliehen, nur 50 erlebten das Ende des Krieges. Das Lager wurde nach dem Aufstand sofort liquidiert und dem Erdboden gleichgemacht. Heute befindet sich dort ein Museum.Jules Schelvis, 1921 in Amsterdam geboren, wurde im Mai 1943 zusammen mit seiner Frau Rachel und deren Familie in Amsterdam festgenommen und über das Durchgangslager Westerbork nach Sobibór deportiert. Von den mehr als 3.000 Personen dieses Transports fanden am Tag der Ankunft bis auf 81 Männer alle in den Gaskammern den Tod. Jules Schelvis wurde als Arbeitshäftling in das Torflager Dorohucza, später über Lublin in das Ghetto von Radom gebracht. Von dort kam er nach Auschwitz, wo er während einer Selektion zum zweiten Mal dem Vergasungstod entging. Sein Buch über Sobibór, in dem er eigene Erlebnisse, ergänzt durch Zeugenaussagen aus den Sobibór-Prozessen in der Nachkriegszeit, umfangreiches Archivmaterial und Interviews mit Überlebenden verarbeitet, ist 1993 erstmals in den Niederlanden erschienen und gilt als Standardwerk. Nachdem das Buch jahrelang in Deutschland vergriffen war, gibt es jetzt eine in Abstimmung mit dem Autor korrigierte Neuauflage.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Raphaela Kula widmet sich in einer sehr eingehenden Besprechung diesem Buch über das Vernichtungslager Sobibor, das der Autor Jules Schelvis als einer von wenigen Häftlingen überlebte. Das Buch gilt zu Recht als "Standardwerk" über die Vernichtung niederländischer Juden, und nur den Berichten von Augenzeugen ist es zu verdanken, dass wir von den schrecklichen Ereignissen im Lager Sobibor und dem Aufstand der Häftlinge von 1943 dort noch etwas wissen, meint die Rezensentin. Sie betont, wie "akribisch" Schelvis recherchiert hat und würdigt seine detaillierte Darstellung von der Geschichte des Lagers sowie des historischen und politischen Hintergrunds, der Sobibor möglich machte. Der Autor, der nach dem Krieg auch als Nebenkläger gegen Täter von Sobibor auftrat, versammele in seiner Darstellung neben den Schilderungen aus dem Lageralltag auch kurze biografische Notizen zum SS-Personal, Interviews mit Überlebenden und eine eingehende Rekonstruktion des Tötungsprozesses, dem in Laufe der Zeit bis zu Auflösung des Lagers 250 000 Menschen zum Opfer fielen. Für Kula ist es wichtig, dass dieses Buch "das entsetzliche Geschehen in Sobibor einmal mehr dem Vergessen" entreißt. Am Ende ihrer Rezension schließt sich die Rezensentin empört der Anklage Schelvis', die Täter von Sobibor seien nur "unzureichend" juristisch verfolgt worden, an und weist darauf hin, wie gering die wenigen verhängten Haftstrafen ausgefallen sind.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Für den Überlebenden Jules Schelvis ist der Häftlingsaufstand in Sobibor, ebenso wie der Warschauer Ghettoaufstand, ein Beispiel für erfolgreichen jüdischen Widerstand. ... Es ist den Nationalsozialisten nicht gelungen, sämtliche Spuren ihrer Mordtaten zu verwischen, Jules Schelvis Buch entreißt das entsetzliche Geshehen in Sobibor einmal mehr dem Vergessen.« - Raphaela Kula, Frankfurter Rundschau







