»Von Caligari zu Hitler« ist bis heute eines der bekanntesten Bücher Siegfried Kracauers und ein Klassiker der Filmsoziologie. Im französischen Exil geplant, in den 1940er Jahren in den USA geschrieben, ist es nicht nur Kracauers erstes Buch über den Film, sondern auch sein erster Auftritt als Wissenschaftler und Intellektueller in der amerikanischen Öffentlichkeit. Das Buch, das Kracauer selbst einmal als »eine Art Biographie unserer Generation« bezeichnete, behandelt nach Vorüberlegungen zu den Jahren 1895 bis 1918, in denen er unter anderem die Entstehung der UFA rekapituliert, den deutschen Film der Zwischenkriegszeit bis 1933. In der festen Überzeugung, daß »die Filme einer Nation ihre Mentalität unvermittelter als andere künstlerische Medien« zu erkennen geben, dienen diese ihm als Reflexionsfläche, auf der psychologische, insbesondere autoritäre Dispositionen der deutschen Bevölkerung sichtbar werden, die auf den Nationalsozialismus vorausweisen. Die neue Ausgabe präsentiert »Von Caligari zu Hitler« sowie die Teilstudie »Propaganda und der Nazikriegsfilm« in überarbeiteter und korrigierter Übersetzung. Der von Kracauer selbst zusammengestellte Abbildungsteil illustriert seine Thesen, die Anmerkungen der Herausgeberin beleuchten den Entstehungs- und Arbeitszusammenhang der Texte.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Stefan Dornuf legt die Vorzüge dieser Werkausgabe von Siegfried Kracauers "From Caligari to Hitler" schon am Titel dar: "Von Caligari zu Hitler". In einer älteren Übersetzung war das englische "to" mit dem deutschen, zeitlichen "bis" ersetzt und überhaupt einiges verfälscht oder weggelassen worden, berichtet der Rezensent. Er vermutet, die Beschönigung der beabsichtigten Bezugnahme auf die kausalen Zusammenhänge war der "fröhlichen Restauration der Adenauer-Ära" geschuldet. Doch gerade die Abhängigkeiten und Wechselwirkungen sind es, die Kracauers Blick auf Film als gesellschaftliches Phänomen ausmachen, erklärt Dornuf: "Kino als Manifestation eines kollektiven Unbewussten, das es ideologiekritisch zu dechiffrieren gelte". Die Auseinandersetzungen des Autors mit Filmen wie Fritz Langs "Nibelungen" oder "Metropolis" sind als Teil der neuen Werkausgabe in ihren richtigen Kontext gerückt, lobt der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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