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Ein Leipziger Berufsschullehrer irritierte seine zum rechten Spektrum tendierenden Schüler mit dem Hinweis, sie sollten sich hüten, sich mit dem Wort deutsch zu brüsten, da sie ihre Muttersprache so schlecht beherrschten, als kämen sie aus Einwandererfamilien. Das paßgenaue Gegenbild lieferte jener siebzehnjährige Intellektuellensproß aus links geprägtem Milieu, der auf die Frage seines Vaters, was deutsch sei, wie aus der Pistole geschossen antwortete: »Adolf Hitler.« Was also ist deutsch - fragt Friedrich Dieckmann. Können Deutsche diese Frage beantworten? Besser, man fragt die vielberufenen…mehr

Produktbeschreibung
Ein Leipziger Berufsschullehrer irritierte seine zum rechten Spektrum tendierenden Schüler mit dem Hinweis, sie sollten sich hüten, sich mit dem Wort deutsch zu brüsten, da sie ihre Muttersprache so schlecht beherrschten, als kämen sie aus Einwandererfamilien.
Das paßgenaue Gegenbild lieferte jener siebzehnjährige Intellektuellensproß aus links geprägtem Milieu, der auf die Frage seines Vaters, was deutsch sei, wie aus der Pistole geschossen antwortete: »Adolf Hitler.«
Was also ist deutsch - fragt Friedrich Dieckmann. Können Deutsche diese Frage beantworten? Besser, man fragt die vielberufenen Ausländer, die man fast schon Scheu hat, Ausländer zu nennen statt »ausländische Mitbürger«. Ist der Hang zu Sprachregelungen etwas spezifisch Deutsches? Ist es der Hang, allem Ausländischen nachzubeten, wenn es sich den Anschein des Siegreich-Zeitgemäßen zu geben weiß? Ist diese Unselbständigkeit des kulturellen Empfindens etwas eigentümlich Deutsches? Oder wäre, in dritter Stufe, der manische Hang zur Selbstkritik bis zur Selbstherabsetzung, ja zum Selbsthaß das spezifisch Deutsche?
Autorenporträt
Dieckmann, FriedrichFriedrich Dieckmann, Dr.phil.h.c., wurde 1937 in Landsberg/Warte geboren. Nach dem Studium der Germanistik, Philosophie und Physik arbeitete er von 1972 bis 1976 als Dramaturg am Berliner Ensemble. Er hat Bücher über Friedrich Schiller, Franz Schubert, Richard Wagner, Bertolt Brecht und Karl von Appen veröffentlicht sowie den Roman eines Theaterhelden (Die Geschichte Don Giovannis. 1991), einen Band mit Essays zur deutschen Oper von Mozart bis Wagner und vier Essaybände aus dem und über den Prozess der deutschen Vereinigung (drei davon in der edition suhrkamp: Vom Einbringen. Vaterländische Beiträge. 1992; Temperatursprung. Deutsche Verhältnisse. 1995; Was ist deutsch? Eine Nationalerkundung. 2003). Friedrich Dieckmann ist Träger des Heinrich-Mann- und des Johann-Heinrich-Merck-Preises und Mitglied der Akademien der Künste in Berlin, Dresden und Leipzig sowie der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. 1989/90 war er Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin

. 1994 bis 2000 war Friedrich Dieckmann Sprecher der Deutschen Literaturkonferenz e.V. und von 2002 bis 2012 Mitglied des Sächsischen Kultursenats.Heute lebt Friedrich Dieckmann als Schriftsteller und Publizist in Berlin-Treptow.Mitgliedschaften:Mitglied der Sächsischen Akademie der KünsteMitglied der Deutschen Akademie für Sprache und DichtungMitglied der Akademie der Künste Berlin-BrandenburgMitglied der Freien Akademie der Künste zu LeipzigMitglied des Internationalen P.E.N.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Friedrich Dieckmanns "Nationalerkundung" über das, was heute noch deutsch genannt werden kann, blickt nach Ansicht des "lx." zeichnenden Rezensenten auf ein "Land im Dämmerschein". Schließlich seien die alten Deutschlandbilder abgegriffen, das Land Goethes sei längst unter Verdacht geraten, die Bilder von einem "neuen" Deutschland führen den Geist eh auf Irrwege. Dennoch scheinen Dieckmann einige spezifisch deutsche Eigenheiten einzufallen, etwa die deutsche Benennungspedanterie. Wörter wie Papierabfall, rezyklierbarer Abfall, Restmüll etwa zeugen für Dieckmann von einem terminologischen Gleichschaltungsdruck, der als linguistic correctness laufen könne und der mittlerweile ein eigenständiges Pendant zur amerikanischen political correctness darstelle, referiert der Rezensent. Er hebt hervor, dass Dieckmann um die Schwierigkeit, sich als Deutscher in der eigenen Haut wohl zu fühlen weiß. "Es ist das depressive Verhältnis zum kollektiven Selbst", analysiert der Rezensent, "das ihn diese Erkundungen - auch zurück zur ehemaligen DDR-Literatur - machen lässt."

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