Dieses Buch ist keine Sammlung neuer historischer Materialien zu Auschwitz, sondern "ein Kommentar zu den Zeugnissen": Es unternimmt den eigenständigen und grundsätzlichen Versuch, Sinn und Möglichkeit des Zeugnisses überhaupt zu klären. Agamben bezieht Position gegen den Topos von der "Unsagbarkeit" des Lagers. Zugleich aber stellt er die Frage nach der Instanz des Zeugen: Wie können die Geretteten für die Untergegangenen sprechen? Wie können sie von einer Erfahrung berichten, die sie nicht bis auf den Grund und bis zum Letzten selbst gemacht haben? Agamben setzt sich dabei mit Autoren und Intellektuellen auseinander, die selbst die Erfahrung des Lagers oder der nationalsozialistischen Verfolgung gemacht haben (Levi, Antelme, Bettelheim, Arendt), und knüpft theoretisch an Benvenistes Sprachtheorie sowie Foucaults Begriff der "Biopolitik" an, der bereits in Homo sacer I im Zentrum der Diskussion stand. Dieses neue und provozierende Buch über Auschwitz hat in Italien sofort nach seinem Erscheinen eine lebhafte Debatte ausgelöst.
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Schon das Vorgängerbuch "Homo Sacer" des italienischen Philosophen Giorgio Agamben muss bei Niels Werber auf großen Respekt gestoßen sein. Agambens neuer Essay schließe dort an, erklärt Werber: erneut befasse sich der Autor mit der "biopolitischen Spaltung" unserer Gesellschaft, die Menschen und Nichtmenschen unterscheide. Historisch mache Agamben diese Unterscheidung am Beispiel von Auschwitz fest, führt Werber weiter aus, wobei Agamben seine Aussage soweit zuspitze, dass er behaupte, im Lager hätten überhaupt keine Menschen existiert, sondern nur "Nichtmenschen und Unmenschen". Doch jede moderne Gesellschaft produziert heutzutage solche Ausnahmezonen, die alle Gefahr liefen, zum Normalzustand erklärt zu werden, lautet nach Werber die Kernaussage Agambens. Als solche erscheine sie nicht besonders sensationell, setzt Werber hinzu und meint, das Provozierende bei Agamben läge in dessen Fähigkeit zur Zuspitzung und Generalisierung seiner Aussagen. Werber legt in seiner Rezension schlüssig die Gedankengänge Agambens dar, ohne dabei etwas über Sprache und Stil des Autors zu verraten. Den kann man nur erahnen: sachlich und literarisch bewandert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Schon das Vorgängerbuch "Homo Sacer" des italienischen Philosophen Giorgio Agamben muss bei Niels Werber auf großen Respekt gestoßen sein. Agambens neuer Essay schließe dort an, erklärt Werber: erneut befasse sich der Autor mit der "biopolitischen Spaltung" unserer Gesellschaft, die Menschen und Nichtmenschen unterscheide. Historisch mache Agamben diese Unterscheidung am Beispiel von Auschwitz fest, führt Werber weiter aus, wobei Agamben seine Aussage soweit zuspitze, dass er behaupte, im Lager hätten überhaupt keine Menschen existiert, sondern nur "Nichtmenschen und Unmenschen". Doch jede moderne Gesellschaft produziert heutzutage solche Ausnahmezonen, die alle Gefahr liefen, zum Normalzustand erklärt zu werden, lautet nach Werber die Kernaussage Agambens. Als solche erscheine sie nicht besonders sensationell, setzt Werber hinzu und meint, das Provozierende bei Agamben läge in dessen Fähigkeit zur Zuspitzung und Generalisierung seiner Aussagen. Werber legt in seiner Rezension schlüssig die Gedankengänge Agambens dar, ohne dabei etwas über Sprache und Stil des Autors zu verraten. Den kann man nur erahnen: sachlich und literarisch bewandert.
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