Zum Jahrestag des Mauerfalls: Ein Nachruf auf Ulbrichts und Honeckers Deutschland
Es war einmal ein zweiter deutscher Staat, der vor zwanzig Jahren in seine finale Krise geriet. Dann fiel die Mauer über Nacht, doch die plötzliche Freiheit hinterließ gespaltene Erinnerungen. Zeit für eine Bestandsaufnahme.
Was im Herbst 1989 zu Ende ging, begann für viele als heroischer Aufbruch nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges. Doch Johannes R. Becher verfolgte schon in den Anfangsjahren der Albtraum eines Turms von Babel, der plötzlich im Sturz zu nichts zerfällt. Franz Fühmann beklagte die Verführung der Antifaschisten zu freiwilliger Unterwerfung unter die Diktatur. Die DDR war nur als ein gewaltsamer Traumtanz möglich. Eigentlich war sie ein "unmögliches Projekt", eine politische Fiktion. Kaum war Stalin gestorben, erhielt sie am 17. Juni 1953 ihren ersten Todesstoß. Der Rest waren Reparaturarbeiten, bis zum Schluss.
Walter Ulbricht musste eine Mauer bauen, um seinen Sozialismus zu retten. Doch ausgerechnet er, der in den ersten Jahren erheblich zu einem Klima der permanenten Säuberung und der Verfolgung politisch Andersdenkender beigetragen hatte, war im Alter zu bemerkenswert realistischen Einsichten fähig. Die Politik seiner letzten Jahre ist ein Indiz dafür, dass die DDR im Systemwettbewerb nur um den Preis ihrer Selbstaufgabe hätte punkten können. Dieser Widerspruch war zugleich die Grundformel ihrer inneren Reformunfähigkeit. Erich Honecker versuchte, dem durch eine Politik des ungedeckten Schecks zu entkommen - auch das ein Traumtanz mit absehbarem Ende.
Seit der Wende ist eine Vielzahl von Untersuchungen zu den verschiedensten Fragen der DDR-Geschichte erschienen, dazu viele Biografien und Memoiren. Die Materiallage ist hervorragend und erlaubt eine immer differenziertere Sicht. Rolf Hosfeld legt nun die erste kritische erzählende Gesamtdarstellung vor.
Es war einmal ein zweiter deutscher Staat, der vor zwanzig Jahren in seine finale Krise geriet. Dann fiel die Mauer über Nacht, doch die plötzliche Freiheit hinterließ gespaltene Erinnerungen. Zeit für eine Bestandsaufnahme.
Was im Herbst 1989 zu Ende ging, begann für viele als heroischer Aufbruch nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges. Doch Johannes R. Becher verfolgte schon in den Anfangsjahren der Albtraum eines Turms von Babel, der plötzlich im Sturz zu nichts zerfällt. Franz Fühmann beklagte die Verführung der Antifaschisten zu freiwilliger Unterwerfung unter die Diktatur. Die DDR war nur als ein gewaltsamer Traumtanz möglich. Eigentlich war sie ein "unmögliches Projekt", eine politische Fiktion. Kaum war Stalin gestorben, erhielt sie am 17. Juni 1953 ihren ersten Todesstoß. Der Rest waren Reparaturarbeiten, bis zum Schluss.
Walter Ulbricht musste eine Mauer bauen, um seinen Sozialismus zu retten. Doch ausgerechnet er, der in den ersten Jahren erheblich zu einem Klima der permanenten Säuberung und der Verfolgung politisch Andersdenkender beigetragen hatte, war im Alter zu bemerkenswert realistischen Einsichten fähig. Die Politik seiner letzten Jahre ist ein Indiz dafür, dass die DDR im Systemwettbewerb nur um den Preis ihrer Selbstaufgabe hätte punkten können. Dieser Widerspruch war zugleich die Grundformel ihrer inneren Reformunfähigkeit. Erich Honecker versuchte, dem durch eine Politik des ungedeckten Schecks zu entkommen - auch das ein Traumtanz mit absehbarem Ende.
Seit der Wende ist eine Vielzahl von Untersuchungen zu den verschiedensten Fragen der DDR-Geschichte erschienen, dazu viele Biografien und Memoiren. Die Materiallage ist hervorragend und erlaubt eine immer differenziertere Sicht. Rolf Hosfeld legt nun die erste kritische erzählende Gesamtdarstellung vor.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Unter der Voraussetzung, dass der Leser wichtige, in diesem Band jedoch nur "oberflächlich" behandelte Aspekte, wie staatliche Repression, Militarisierung der Gesellschaft u. ä. bei der Lektüre mitdenkt, geht Rolf Hosfelds Buch für Gunter Holzweißig als mutiger, "leicht lesbarer" Versuch einer politischen (Literatur-)Geschichte der DDR durch. Die Sekundär- und Memoirenliteratur von Systemkritikern, wie Christa Wolf, Erich Loest, Brecht, Fühmann u. a., aber auch von eher "in sich widersprüchlichen" Autoren (Becher, Hermlin, Kant) zu durchforsten und einmal nicht die Archive, findet Holzweißig sinnvoll. Nicht so gut gefallen hat ihm der Umstand, dass der Autor keine Fundstellen zu den Zitaten angibt. Außerdem erscheint ihm manche Wertung zumindest fragwürdig, etwa Hosfelds "unkritischer" Umgang mit Günter Gaus' Begriff der "Nischen-Gesellschaft".
© Perlentaucher Medien GmbH
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