Franz Josef Schöningh (1902 - 1960) war einer der drei Gründungsherausgeber der Süddeutschen Zeitung. Als bildungsbürgerlicher Intellektueller wurde er intensiv von vier Phasen deutscher Geschichte geprägt: dem Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem Dritten Reich und der jungen Bundesrepublik. Nach dem Studium der Wirtschaftsgeschichte versuchte er als Chefredakteur der katholisch-philosophischen Zeitschrift Hochland, ein antiliberales christliches Gesellschaftsbild zu etablieren. Während der Zeit des Nationalsozialismus verzweifelte er an den Möglichkeiten einer publizistischen Opposition. Nach dem Verbot der Zeitschrift 1941 sah er sich während des Kriegs als Angehöriger der Zivilverwaltung des sogenannten Generalgouvernements in Ostpolen tief mit dem Vernichtungsprozess gegen die jüdische Bevölkerung konfrontiert. Jüngst aufgefundene private Briefe und neueste Forschungen lassen eine Beurteilung seines Handelns zu, das er nach dem Krieg auszublenden versuchte. Von den US-Behörden zum Mitherausgeber der Süddeutschen Zeitung ernannt, war er zuständig für den Bereich Kultur. Sein Wirken im Feuilleton spiegelt die konservative Grundhaltung der Süddeutschen Zeitung nach dem Krieg wider; erzählt wird aber auch ihre legendäre Gründungsgeschichte.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Knud von Harbous Buch über Franz Josef Schöningh, einen der Gründungsherausgeber der "Süddeutschen Zeitung", hat Rudolf Walther tief beeindruckt. Die Entlarvung der Legenden und Lebenslügen des Journalisten, der während des Nationalsozialismus an schweren Verbrechen in Ostpolen beteiligt war, sich nach dem Krieg aber als harmloser Förster in den Wäldern Polens gerierte, findet er überzeugend. Besonders lobt Walther, wie Harbou die Auswertung seiner Quellen - Briefen und Tagebüchern Schöninghs - mit aktuellen Forschungsergebnissen zum Massenmord an den Juden verbindet. Das Fazit des Rezensenten: ein gewichtiges Stück "verdrängte Zeit- und Zeitungsgeschichte"
© Perlentaucher Medien GmbH
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