Ob am Rande der Gesellschaft oder in deren finanzkräftigen Kreisen, ob bei den sozial ausgeschlossenen Kids oder den chancenlosen Akademikern - mit großer Hellsicht entwirft Christoph Hein ein Panorama der Gegenwart, in dem Fälschung und Lüge selbst die intimsten Beziehungen durchdringen. Rüdiger Stolzenburg, 59 Jahre alt, seit 15 Jahren Dozent mit halber Stelle an einem kulturwissenschaftlichen Institut. Seine Aufstiegschancen tendieren gegen null: Die selbst gesetzten Maßstäbe an die universitäre Lehre lassen sich nicht aufrechterhalten, seine Forschungsvorhaben führen zu keinem greifbaren Resultat. Mit seinem Gehalt kommt Stolzenburg eher schlecht als recht über die Runden. Doch sein ohnehin prekäres Leben droht vollständig aus dem Ruder zu laufen, denn nicht nur das Finanzamt rückt ihm mit einer Steuernachforderung gefährlich auf den Pelz, Rüdiger Stolzenburg wird zum unfreiwilligen Köder in einem Kriminalfall.
»Und so ist Christoph Heins Roman um einen gebeutelten und sehr nachvollziehbaren Helden ein kleines Kunstwerk geworden, mit einer graziösen und gleichzeitig realistischen Prosa und einem genauen Blick für die Anliegen der Gegenwart.«
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensentin Judith von Sternburg würdigt Christoph Heins "zutiefst pessimistischen" Roman "Weiskerns Nachlass" als den wohl "deutlichsten" der Saison. Die Geschichte um den Leipziger Dozenten für Kulturwissenschaften Rüdiger Stolzenberg, einen typischen Vertreter des "geisteswissenschaftlichen Prekariats", hat für sie zwar wenig Neuigkeitswert, dennoch hat sich die Rezensentin bestens unterhalten gefühlt. Keine Geheimnisse, dafür umso mehr Klischees, vielleicht auch Wahrheiten, hat sie hier entdeckt: verbittert und illusionslos sinniert Heins 59jähriger Held über seine verpasste Verbeamtung, dämliche, verwöhnte Studenten, die mehr Geld haben als er selbst, die routinierte "Fleischbeschau" der Erstsemester und seine Geliebten. Einziger Lichtblick zwischen dem "normalen" Uni-Alltag und dem Ärger mit Finanzbeamten, unsympathischen Verwandten und einer gewalttätigen Mädchengang ist für Heins "Jedermann" seine Begeisterung für den vergessenen Barockautor Friedrich Wilhelm Weiskern. Dass diese Leidenschaft sich nicht ein bisschen auf den Leser überträgt, findet die Kritikerin zwar bedauerlich, dem Zynismus dieser "lapidaren" Erzählung dann aber doch sehr angemessen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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'Seismographisch exakt zeichnet der Roman auf, wie eine Person im Kleinen agiert, die von außen wie festgefroren wirkt.' FAZ








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