Einfühlsamer Roman
Annerose, zweite Hälfte 50, ist Einzelgängerin. Sie führt ein sehr zurückgezogenes Leben, das ich kaum „Leben“ nennen möchte. Es ist eher ein Funktionieren in der Drogerie, in der sie arbeitet und ein Klammern an die Gleichförmigkeit der Tage. Als sie eine neue Chefin bekommt,
die knapp 30 Jahre jüngere Celine, ist sie von deren Herzlichkeit und Interesse völlig überfordert.…mehrEinfühlsamer Roman
Annerose, zweite Hälfte 50, ist Einzelgängerin. Sie führt ein sehr zurückgezogenes Leben, das ich kaum „Leben“ nennen möchte. Es ist eher ein Funktionieren in der Drogerie, in der sie arbeitet und ein Klammern an die Gleichförmigkeit der Tage. Als sie eine neue Chefin bekommt, die knapp 30 Jahre jüngere Celine, ist sie von deren Herzlichkeit und Interesse völlig überfordert. Diese lässt nicht locker und so erzählt Annerose ihr irgendwann ihre Lebensgeschichte.
René Müller-Ferchland erzählt die Annäherungen der beiden so ungleichen Frauen, die mehr gemeinsam haben, als es zunächst den Anschein hat, mit viel Wärme und Gefühl. Die Zwangsadoption, die Annerose über sich ergehen lassen musste, hat in ihr tiefe Narben hinterlassen. Schlimmer noch finde ich, dass niemand da war, der sie unterstützt hat. Der Kindsvater hatte es vor, wurde jedoch sehr schnell von seinen linientreuen Eltern in die Schranken verwiesen. Anneroses Mutter spielt ebenfalls keine gute Rolle. Vermutlich war sie 1980 als Alleinerziehende mit der Situation ganz einfach völlig überfordert. Am Schluss wird vage ein Detail enthüllt, das ein etwas anderes Licht auf ihr Verhalten wirft.
Dem Autor gelingt es, trotz dieses düsteren Hintergrundes, einen Roman zu schreiben, der schmerzhaft ist, aber eben auch viel Respekt, Unterstützung, Freundschaft zeigt. Durch Celine und ihre Hartnäckigkeit, durch Jakob und nicht zuletzt der Hündin Sita bekommt Annerose neuen Lebensmut und etwas, dass sie lange nicht hatte: Hoffnung.
Der Titel wird im Roman erklärt und zwar von einer sehr einfühlsamen Nebenfigur, die nur kurz auftritt und der damit ihre Würde gegeben wird. Chapeau! Diese Szene hat mich mit am meisten berührt.
Fazit: ein sehr lesenswerter Roman zu einem wichtigen Thema