Am Beispiel des Landesarchivs Schleswig-Holstein wird nach dem Eigentum an den Quellen gefragt, die Geschichtsschreibung und Rechtssicherheit ermöglichen.Wer Zukunft gestalten will, muss die Vergangenheit kennen. Dabei befinden sich die Quellen für die Geschichtsschreibung unter anderem in Archiven. Archive und Herrschaft sind eng miteinander verbunden. Das 1870 als Preußisches Staatsarchiv gegründete Landesarchiv Schleswig-Holstein hätte es ohne die militärisch erzwungene Reichsgründung nicht gegeben. Über Jahrzehnte war deswegen die Aufteilung von Akten zwischen Dänemark und Preußen strittig. Akten wurden für die Verwaltung benötigt, stellten aber auch nationale, umkämpfte Prestigeobjekte dar. Auch die Darstellung der Vergangenheit ist vom Zugang zu Quellen abhängig. Diese gehörten lange dem preußischen, später dem NS-Staat, der sie für ideologische Zwecke missbrauchte, und erst nach dem Zweiten Weltkrieg den Bürgerinnen und Bürgern.Archive sind Gedächtnisorte der demokratischen Gesellschaft. Wer nicht archiviert, dessen wird nicht erinnert und kann auch selbst nicht erinnern. Archivierung und Zugänglichmachen sind fundamentale demokratische Vorgänge, die Staat, Kommune und Bürgerinnen und Bürgern Erinnerung verschaffen und überhaupt erst ermöglichen.Erstmals wird hier die Geschichte eines staatlichen Archivs in Deutschland von der Gründung bis in die Gegenwart monografisch dargestellt.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In vieler Hinsicht interessant ist diese erste Monographie über ein deutsches staatliches Archiv mit Blick auf Zugang und Nutzerfreundlichkeit, findet Rezensent Stephen Schröder. Verfasst haben sie Tillmann Bendikowski, Silke Göttsch-Elten und Rainer Hering, ersterer, Journalist und Historiker, beschäftigt sich laut Stephen mit der preußischen Zeit des im 19. Jahrhunderts gegründeten Archivs, die Ethnologin und Historikerin Göttsch-Elten widmet sich dem 20. Jahrhundert, während Hering, der derzeitige Leiter des Archivs, über die Gegenwart schreibt, aus einer eher persönlichen Perspektive. Gut und mit Gewinn lesbar ist das Buch durchweg, findet Stephen, neue Erkenntnisse macht er vor allem im von Göttsch-Elten verfassten Mittelteil ausfindig, zum Beispiel hinsichtlich des Misstrauens, das Archivmitarbeiter ausländischen Forschern entgegen brachten. Konkret geht es unter anderem um Dänemark, ein Beispiel, das Schröder zufolge zeigt, wie sehr Archive von gesellschaftlichen und politischen Kontexten abhängig sind - tatsächlich gab es zwischen Dänemark und Schleswig-Holstein über viele Jahrzehnte hinweg Konflikte darüber, wer was aufbewahren und zur Einsicht freigeben durfte. Zu den übrigen im Buch behandelten Themen gehört unter anderem auch der Sonderweg Schleswig-Hosteins bei der Behandlung von Entnazifizierungsakten, die im Norden lange konsequent unter Verschluss gehalten wurden. Alles in allem ein lehrreiches, wichtiges Buch, meint der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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