»Eine Famulatur besteht ja nicht nur aus dem Zuschauen bei komplizierten Darmoperationen, aus Bauchfellaufschneiden, Lungenflügelzuklammern und Fußabsägen, sie besteht wirklich nicht nur aus Totenaugenzudrücken und aus Kinderherausziehen in die Welt.« Mit diesem Satz beginnt der erste Roman von Thomas Bernhard. Frost erschien im Jahr 1963 und bildet den Ausgangspunkt des weltliterarischen Kontinents dieses Autors. Bis zur Veröffentlichung von Frost war Thomas Bernhard nur einem kleineren Kreis vor allem als Lyriker bekannt. Sein Romandebüt kam jedoch nicht so unverhofft, wie es damals den Anschein hatte. Der Nachlaß des Autors im Thomas-Bernhard-Archiv in Gmunden zeigt, daß dem Roman, der Thomas Bernhards Weltruhm begründen wird, mehrere große Prosaversuche vorausgehen. Die Niederschrift von Frost selbst wurde Anfang 1962. begonnen und im September desselben Jahres beendet.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
"Kristallener Schnee? Glitzernde Sterne? Romantisches Mondlicht? Liebe, Hoffnung und Glück?" Thomas Bernhard? Steffen Martus hat sich die Augen gerieben und ist nach anfänglichem Stutzen umso begeisterter von der Editionspraxis, die den 14. Band der Gesamtausgabe direkt neben die ersten beiden Bände, die Romane "Frost" und "Verstörung", stellt - "diese maßlos kalten, irritierenden Produkte einer von der Welt bedrängten und die Welt verdrängenden Phantasie". Jener 14. Band enthält frühe Kurzgeschichten Bernhards, die ihn Martus zufolge als "einen Schriftsteller in der klassischen Tradition novellistischen und parabelhaften Schreibens" zeigen - und als hoffnungsfähigen Geist. Nichts weniger als einen "neuen Bernhard" könne man hier kennen lernen, dank einer Ausgabe, die "eigene Lektüregänge" durch das Werk des Österreichers provoziere. Ein guter Begleiter ist nach Ansicht des Rezensenten der Kommentarteil, der tiefe Einblicke in den Schreibprozess und damit in den von Bernhard zum Tabu erklärten Nachlass eröffne. Martus vermutet zwar, dass "Editionspuristen" die Nase rümpfen könnten, "weil die Herstellung von Mischtexten, die unterschiedlich motivierten Eingriffe und die Auswahlkriterien der Druckvorlagen einige Fragen offen lassen". Trotzdem lautet sein Fazit: "Die neue Ausgabe erhebt Bernhard editionspolitisch in den Klassikerstand."
© Perlentaucher Medien GmbH
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