Jeder fragt nach seiner Identität. Schwul? Muslim? Franzose? Marokkaner? Anstatt sich für eine Seite zu entscheiden, schreibt er ein Buch. Ein Buch über den Wald und die Stadt, Paris und Tanger, Scham und Vergebung, Dating-Apps und spirituelle Entdeckungen. Ein Buch über das Aufwachsen als Kind der Diaspora im ländlichen Frankreich, mit Wünschen, die sich nicht für immer unterdrücken lassen.Da ist sein strenger marokkanischer Vater, der von ihm verlangt, sich wie ein Junge zu verhalten. Also färbt er sich die Haare, um ihn zu provozieren. Der Streit eskaliert und er hat endlich einen Grund, von daheim zu verschwinden.Auf den Dating-Apps suchen Männer nach »frischem arabischen Fleisch«, was ihn anwidert. Und dennoch verschwindet er begierig in ihrer Lust. Als der Vater seines Vaters stirbt, muss er sich seiner Familie erneut stellen.In dichter, bildhafter Prosa liefert uns Marouane Bakhti mit 'Wie man aus der Welt verschwindet' eine wunderschöne Nicht-Antwort auf die Frage nach seiner Identität.
»Sowohl lyrisch als auch verstörend schreibt Bakhti, wie ein Flüstern, bescheiden, intim. Eine Ge- schichte voller Flucht, Recherche und Zweifel, deren Spannung zwischen der brodelnden Wut der Figur und ihrer inneren Zwänge liegt. Wer in Bakhtis Welt eintritt, begegnet einer literarischen Stimme, die einen erschüttert und doch sanft umschmiegt.« Benjamin Delaveau, Manifesto 21
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
"Schmerzhaft und berührend" ist die Entwicklung, die der Protagonist in Marouane Bakhtis Debütroman durchmacht, findet Rezensentin Sarah Linßen. Das Gefühl der Fremdheit herrscht im Leben des jungen namenlosen Helden, dessen Vater Marrokaner und dessen Mutter Französin ist. Im ländlichen Frankreich erfährt er Rassismus, beim marrokanischen Zweig seiner Familie verwehren im Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede die Identifikation. Vor allem seine Homosexualität, die er nach und nach entdeckt entfremdet ihn da wie dort, lesen wir. Zuweilen "kompromisslos" explizit ist die Sprache des Romans, der sich unter anderem aus kurzen Szenen, Erinnerungsschnipseln und Reflexionen des Erzählers zusammensetzt, erklärt die Kritikerin. Die Erzählung reicht von einer unglücklichen Jugend, zu einer befreiteren Zeit in Paris, in der der Erzähler sein Schwulsein ausleben kann, aber sich immer noch alleine fühlt, zu einer späten Annäherungsphase zwischen Vater und Sohn. Ein migrantisches Schicksal als "Zustand des Dazwischen-Seins" verhandelt Bakhti hier mit großer Sensibilität, lobt die Kritikerin, die auf jeden Fall überzeugt ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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