Inzwischen hat Johannes ein neues Leben: eine eigene Wohnung, einen Job und Giulia, eine Kollegin, deren Familie ihm die seine ersetzt. Nur was aus David geworden ist, weiß er nicht. Dabei wollten die beiden doch gemeinsam gehen, und gehen heißt: ihr Land verlassen, aus Ceaucescus Rumänien fliehen, ihren Familien den Rücken kehren. Um die Donau durchschwimmen zu können, haben sie beide einen drückend heißen Sommer lang trainiert, und was dabei zwischen ihnen vorgefallen ist, ist ein weiteres Geheimnis, das sie teilen. Doch irgendwann war David verschwunden, und Johannes ist ohne ihn gegangen, um neu anzufangen. Bis ihn eines Tages die Nachricht vom Tod seines Vaters erreicht und ihn zur Rückkehr zwingt. Die Gelegenheit, sich endgültig zu verabschieden, wird für Johannes zugleich eine Chance, noch einmal nach David zu suchen.Mit großer Ruhe, eindringlich und berührend, dabei klar und souverän erzählt Nadine Schneider von den kleinen Erschütterungen der großen Geschichte und den feinen Rissen, die sie in den Biografien von Menschen hinterlässt. Menschen, die auf unsicherem Grund stehen, weil ihre Geschichte an Orte zurückreicht, wo die Vergangenheit noch nicht vorbei ist.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Christoph Schröder findet es ungerecht, dass Nadine Schneider es mit ihrem eleganten Wettbewerbsbeitrag nicht auf die Ingeborg-Bachmann-Preis-Shortlist geschafft hat. Die Autorin mit rumänischen Wurzeln hat einen neuen Roman geschrieben, in dem sie die Flucht des Protagonisten Johannes, in der Gegenwart in Nürnberg wohnend, aus Rumänien beschreibt, der seinen ursprünglich geplanten Mitgeflohenen zurücklassen muss, denn dieser ist verschwunden, erklärt Schröder. Dass die Frage nach dem Verbleiben des Freundes nicht geklärt wird, sei kalkuliert, meint der Rezensent. Obwohl Schneider die Geschichte in der dritten Person erzählt, hat Schröder das Gefühl, durch assoziative und chronologische Sprünge in Johannes Bewusstsein schauen zu können. Am eindrucksvollsten findet der Rezensent die Rückkehr-Passagen, deren unangenehme und feindselige Atmosphäre er als gut eingefangen beschreibt. Was für ein Glück, dass es diesen Roman gibt, schließt Schröder zufrieden.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Schneiders Sprache ist durchsetzt und grundiert von poetisch aufgeladenen Beobachtungen und Beschreibungen, doch bleibt der Blick der Erzählerin stets auf die engen Verhältnisse fokussiert. Es zählt das, was gerade ist.« Christoph Schröder / Die Zeit







