Knapp 40 Jahre, bis zu seinem Tod 1975, herrschte Francisco Franco über Spanien. Zu den eher kuriosen Erbstücken des Franquismus zählen Reiterdenkmäler des »Generalísimo« im ganzen Land. Öffentlich gezeigt werden diese teils gigantomanen, schon damals aus der Zeit gefallenen Monumente nicht, aber ebenso wenig zerstört oder entsorgt. Julia Schulz-Dornburg nimmt den Caudillo zu Pferde in Augenschein - auf Militärstützpunkten, in Depots oder einer stillgelegten Arbeiteruniversität. Ihre Chronik der Sichtungsversuche offenbart den grotesk-unentschlossenen Umgang staatlicher wie privater Institutionen mit den Symbolen einer Diktatur, die bis heute nur rudimentär aufgearbeitet wurde.Begleitet wird der Band von Fotografien der Autorin, einem Vorwort des langjährigen FAZ-Spanienkorrespondenten Paul Ingendaay sowie einem Essay, in dem die Historikerin Gesine Krüger zentralen Fragen aktueller geschichtspolitischer Debatten nachgeht: Sollte man 'toxische' Denkmäler niederreißen oder weiter zeigen? Wohin mit den Relikten vergangener oder vielleicht gar nicht so vergangener Macht?
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Fünfzig Jahre ist der Tod Francos schon her, doch wie mit seinem Erbe umzugehen ist, ist in Spanien immer noch nicht einheitlich klar, lernt Rezensent Marko Martin in Julia Schulz-Dornburgs instruktivem und spannendem Buch. Neun Reiterstatuen Francos gab es in Spanien, mittlerweile sind alle abgebaut, aber sie an ihren Aufbewahrungsstätten zu besichtigen, ist gar nicht so einfach, wie die Autorin in "akribischer" Recherche schildert. Die Statuen werden, zum Beispiel von privaten Stiftungen, "geheimniskrämerisch" unter Verschluss gehalten, das führt zu "zum Teil aberwitzigen" E-Mail-Korrespondenzen mit Verantwortlichen, verrät der Kritiker. Außerdem spiegelt der utnerschiedliche Umgang mit den Statuen aktuelle politische Probleme, sowohl der Rechten als auch der Linken in Spanien wider. Spanien ist im Gedenken an die Zeit der Diktatur immer noch zerrissen, ist seine Erkenntnis aus der Lektüre, er hätte sich nur gewünscht, dass die Verfasserin, die als Architektin in Barcelona lebt, mehr eigene Wertungen in ihr Buch eingebracht hätte - trotzdem eine interessante Lektüre.
© Perlentaucher Medien GmbH
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